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Schwerwiegende berufliche Verfehlungen – erschöpfende Auflistung und Dauer des Ausschlusses

Mit Bezug auf die schwerwiegenden beruflichen Verfehlungen wird darauf hingewiesen, dass der neue Vergabekodex im Art. 98 eine erschöpfende Auflistung der schwerwiegenden beruflichen Verfehlungen enthält. Diese umfasst die beanstandete Begehung einer der in Art. 94 Abs. 1 genannten Straftaten (bei festgestellter Begehung greift der automatische Ausschluss) und die beanstandete oder die festgestellte Begehung einer der in Art. 98 Abs. 3 Buchst. h) des GvD Nr. 36/2023 genannten Straftaten.

Dies vorausgeschickt, erscheint es heutzutage nicht möglich, die Ablehnung eines Vertragsabschlusses als schwerwiegende berufliche Verfehlung einzustufen. Allenfalls könnte der Verfall des Zuschlags aufgrund der Vertragsablehnung der Vertragsaufhebung zu Lasten gleichgestellt werden; dies scheint allerdings angesichts des Grundsatzes der strikten Auslegung der Ausschlussgründe zweifelhaft zu sein.

Der Kodex legt den Zeitraum klar fest, innerhalb dem sich die schwerwiegenden beruflichen Verfehlungen auf die Teilnahme des Wirtschaftsteilnehmers am Vergabeverfahren auswirken können. Insbesondere sieht er vor, dass diese für drei Jahre relevant sind, ab dem Datum des Erlasses einer der Maßnahmen laut Artikel 407-bis, Absatz 1 der Strafprozessordnung oder von etwaigen vorbeugenden persönlichen oder dinglichen Maßnahmen des Strafrichters, falls diese vor der Strafverfolgung erlassen wurden.

Die dreijährige Frist läuft somit ab:

  1. Einleitung der Strafverfolgung durch den Staatsanwalt mittels Abfassung der Anklage oder Antrag auf Einleitung des Hauptverfahrens;
  2. Erlass von vorbeugenden persönlichen oder dinglichen Maßnahmen des Strafrichters, falls diese vor Einleitung der Strafverfolgung erlassen wurden.

Die Bestimmung klärt jedoch nicht, ob eine etwaige nachfolgende Maßnahme, die im Rahmen des Strafverfahrens ergriffen wurde, den Neustart der dreijährigen Frist bewirken könnte. In diesem Zusammenhang wird auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lazio, Sekt. IV, Nr. 1035 vom 14.03.2024 verwiesen, welches diese Möglichkeit ausgeschlossen hat, und zwar im Einklang mit dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Prinzip, welches vermeiden soll, dass der Wirtschaftsteilnehmer aufgrund der Dauer eines Strafverfahrens benachteiligt wird.

Folglich muss der Erlass eines auf Verurteilung lautendes Urteil, das mehr als drei Jahre nach Antrag auf Einleitung des Hauptverfahrens erfolgt ist, von der Vergabestelle bei der Bewertung der Teilnahmeanforderungen nicht berücksichtigt werden. Dies liegt daran, dass nach Ablauf von drei Jahren ab Antrag auf Einleitung des Hauptverfahrens (oder ab Erlass von vorbeugenden persönlichen oder dinglichen Maßnahmen vor Einleitung der Strafverfolgung), der verbrecherische Tatbestand für das Vorliegen einer schwerwiegenden beruflichen Verfehlung im Sinne von Art. 98 nicht mehr relevant ist.

Diese Auslegung wirkt sich insbesondere auf die Straftaten gemäß Art. 98, Abs. 3, Buchst. h) aus. Nach Ablauf der dreijährigen Frist, haben sie nicht mehr den Ausschluss des Wirtschaftsteilnehmers zur Folge, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein auf Verurteilung lautendes Urteil erlassen wird und auch wenn es sich dabei um ein endgültiges Urteil handelt, da dieses nicht den Neustart der dreijährigen Frist bewirken kann.

Im Gegensatz dazu kann man bei den in Art. 94, Abs. 1 genannten Straftaten nach Ablauf der dreijährigen Frist nicht mehr von einer schwerwiegenden beruflichen Verfehlung im Sinne von Art. 98, Abs. 3, Buchst. g) sprechen, aber falls im Nachhinein eine endgültige Verurteilung ergeht, liegt ein automatischer Ausschlussgrund gemäß Art. 94 vor.

SV