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Aus der Sitzung der Landesregierung vom 13. September 2004
(LPA) Die nun unmittelbar anstehende Entscheidung über die Föderalismusreform in Italien hat heute die Sitzung der Landesregierung bestimmt. "Wenn der Entwurf, den wir jetzt kennen, der endgültige ist, dann werden wir dagegen Sturm laufen", erklärte Landeshauptmann Luis Durnwalder heute im Anschluss an die Sitzung. Weitere Themen, die die Landesregierung heute zu behandeln hatte, waren der Luftqualitätsplan, die Einführung eines vierten Schuljahres an den Landwirtschaftsschulen oder die Abgabe von Gratisstrom.
Verfassungsgesetzentwurf zur Föderalismusreform: "Aushöhlung der Autonomie"Noch in der vergangenen Woche hatte sich nach dem Treffen mit Reformenminister Calderoli so etwas wie vorsichtiger Optimismus unter den Vertretern der Regionen und Provinzen mit Sonderstatut breit gemacht. Ein Optimismus der nach dem Abdruck eines neuen Entwurfes des Verfassungsgesetzes in der Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 h" verflogen ist: "Wenn dies tatsächlich der endgültige Entwurf der Regierung sein sollte, dann würde dies unsere Autonomie ganz wesentlich beeinträchtigen", so Landeshauptmann Durnwalder. "Dagegen müssten wir Sturm laufen."
Der abgedruckte Entwurf sieht eine wesentliche Aushöhlung der Autonomie in Gestalt der berühmt-berüchtigten Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis und des "nationalen Interesses" vor. "Nach diesem Gummiparagraph könnte der Staat immer dann auch in unsere autonomen Kompetenzen eingreifen, wenn dies das staatliche Interesse oder die wirtschaftliche Einheit verlangt", erklärte Durnwalder. "Damit hätten wir wieder die Situation eine Vorabkontrolle unserer Gesetze durch den Staat und der jederzeitigen Möglichkeit einer Rückverweisung."
Der Landeshauptmann hat heute die Mitglieder der Landesregierung über die Verhandlungen in Rom informiert und mit ihnen das weitere Vorgehen abgestimmt. Erst heute abend können weitere konkrete Schritte ins Auge gefasst werden, weil dann der letzte Regierungsentwurf des Verfassungsgesetzes vorliegen soll. Sollte es notwendig sein, wird der Landeshauptmann mit den anderen Regionen und Provinzen mit Sonderstatut bereits morgen abend noch einmal mit Minister Calderoli zusammentreffen. "In jedem Fall wird die Föderalismusreform zentrales Gesprächsthema beim Südtirolgipfel am Donnerstag in Wien", versprach Durnwalder und kündigte an, dass seines Erachtens dringend der Landtag zusammengerufen werden müsste, um das Thema zu diskutieren.
Fachplan zur Luftqualität in erster Lesung genehmigt
Der Fachplan zur Luftqualität lag heute der Landesregierung zu einer ersten Genehmigung vor. Die Herzstücke des Planes sind einerseits die Auflistung aller Emissionsquellen, andererseits die Unterteilung des Landes in 18 homogene Gebiete, die in Zukunft in Sachen Luftqualität als Einheiten gesehen werden.
"In allen diesen 18 Gebieten werden im Sommer wie im Winter regelmäßig Luftqualitätsmessungen vorgenommen, die beispielsweise die Ozon- oder Feinstaubbelastung eruieren sollen", erklärte der Landeshauptmann heute. Auf der Grundlage dieser Messungen erfolgt eine Einstufung der Luftqualität und gegebenenfalls (bei Überschreitung der Grenzwerte) das Setzen entsprechender Gegenmaßnahmen. "Damit diese auch wirksam werden, sollen die Maßnahmen nicht auf einzelne Gemeinden beschränkt werden, sondern immer das gesamte Einzugsgebiet betreffen", so Durnwalder.
Allein auf die Reaktion bei Überschreitungen der Grenzwerte bleibt der Luftqualitätsplan aber nicht beschränkt. Vielmehr werden auch die notwendigen Maßnahmen zur Prävention aufgelistet, etwa die Intensivierung des öffentlichen Verkehrs, die Umstellung auf Erdgas, der Ausbau des Radwegenetzes oder die Förderung von Partikelfiltern.
Der Luftqualitätsplan wird nun allen Gemeinden vorgelegt, die vier Monate Zeit haben, dazu Stellung zu nehmen und eventuelle Korrekturen einzufordern.
Nach Überprüfung dieser Vorschläge und Stellungnahmen sowie einer eventuellen Überarbeitung des Planes wird dieser zu einer zweiten und dann endgültigen Entscheidung der Landesregierung vorgelegt.
Neuordnung der Abwasserentsorgung
Auf neue Beine gestellt wird die Verwaltung der Abwasserentsorgung in Südtirol, wie dies eine entsprechende Staatsbestimmung vorsieht. Ziel dieser Bestimmung ist eine Konzentration der Abwasser-Verwaltung und damit die Einsparung von entsprechenden Kosten.
Ganz nachgekommen ist die Landesregierung der staatlichen Vorgabe heute nicht. Letztere hatte nämlich vorgesehen, dass ein Gebiet in der Größe Südtirols lediglich einen Entsorgungs-Verwalter haben solle. "Dies ist in Südtirol aufgrund der so unterschiedlichen Situationen in den einzelnen Gebieten weder sinnvoll noch möglich", so Landeshauptmann Durnwalder.
Vielmehr habe man nun vier verschiedene Abwasser-Verwaltungseinheiten geschaffen. So wird der Vinschgau eine eigene bekommen (mit Sitz in Schlanders), eine zweite wird sich um Meran, das Burggrafenamt, Bozen, Salten-Schlern, Überetsch und Unterland kümmern (und in Bozen angesiedelt), eine dritte wird sich von Brixen aus um das Eisack- und das Wipptal kümmern, während die vierte das Pustertal von Bruneck aus verwalten wird.
Eine erste Folge dieser Konzentration soll eine Einsparung von Verwaltungs- und Betriebsspesen sein und diese südtirolweit von 17 auf 15 Millionen Euro senken. Die zweite Folge wäre dann eine eher langfristige, also eine, die "nicht von heute auf morgen" umgesetzt werde. Es geht hier um die Schaffung einheitlicher Tarife für die Abwasserentsorgung. "Allerdings nicht in ganz Südtirol, sondern lediglich innerhalb dieser Verwaltungseinheiten", erläuterte Landeshauptmann Durnwalder heute.
Internet übers digitale Fernsehen: Projekt mit Unterstützung aus Rom
Rund 50 Prozent der Südtiroler Familien verfügen über einen Internetzugang. Um auch die verbleibende Hälfte von den übers Internet zur Verfügung gestellten Informationen des Landes nicht auszuschließen, hat die Landesregierung beschlossen, sich mit einem Projekt an einer Ausschreibung des römischen Ministeriums für Innovation und Technologie zu beteilligen. Das eingereichte Projekt sieht vor, bestimmte Informationen des Bürgernetzes samt Wetter- und Verkehrsinformationen auch über digitales Fernsehen in die Wohnzimmer der Südtiroler zu senden. Sollte das Ministerium das Projekt gutheißen, kann das Land, das in diesem Zusammenhang mit der RAS und dem Sender VideoBolzano33 zusammenarbeitet, mit einem Beitrag in Höhe von 50 Prozent rechnen.
Auf die selbe Kostenbeteiligung hofft man bei drei weiteren Projekten, die die Landesregierung heute gutgeheißen und nun beim Ministerium einreichen will. Betroffen ist beispielsweise der Aufbau des so genannten SIS-INET (Sanitätsnetz), das einerseits den im Gesundheitsbereich tätigen Fachkräften alle notwendigen Daten für die Betreuung und Behandlung ihrer Patienten zur Verfügung stellen soll, das andererseits aber auch die Möglichkeit einschließt, dass Bürger Vormerkungen übers Netz vornehmen und ihre Gesundheitsdaten einsehen können.
Das Projekt KidsNet dagegen soll Eltern und Erziehern ein Instrument an die Hand geben, mit Hilfe dessen garantiert werden kann, dass Kinder und Jugendliche das Internet geregelt und sicher verwenden.
Schließlich geht es noch um das Projekt ICAR, das eine engere informatische Zusammenarbeit der Regionen in ausgewählten Bereichen zum Gegenstand hat. So soll etwa an der Bereitstellung der notwendigen Infrastrukturen oder einem gemeinsamen System der Authentifizierung gearbeitet werden. Als konkretes Projekt soll darüber hinaus eine regionenübergreifende Beobachtungsstelle für das Tankstellennetz geschaffen werden.
Insgesamt sollen die Projekte 2,6 Millionen Euro kosten. "Wenn wir sie verwirklichen können, dann ist dies aber sicherlich ein wesentlicher Ausbau unseres Informations- und Kommunikationsnetzes", so die Einschätzung von Landeshauptmann Durnwalder.
Fachschulen für Landwirtschaft: Fakultatives viertes Schuljahr
In Zukunft wird es für die Absolventen der Fachschulen für Landwirtschaft die Möglichkeit geben, ein viertes fakultatives Jahr an die drei vorgeschriebenen dranzuhängen. Dies sieht ein Beschluss vor, den die Landesregierung heute auf Vorschlag von Landesrat Hans Berger gefasst hat.
Derzeit sieht die Regelung so aus, dass die Schüler der Fachschulen für Landwirtschaft nach drei Jahren Schulbesuch und Ablegung einer entsprechenden Prüfung das Diplom zum "landwirtschaftlichen Facharbeiter" erwerben. Nachdem die Zukunft in der Landwirtschaft aber immer größere Herausforderungen auch wirtschaftlicher und rechtlicher Natur bereit hält, soll dieses Angebot erweitert werden.
Nach dem Beschluss der Landesregierung gibt es demnach zukünftig die Möglichkeit, mit einem vierten Schuljahr und nach Ablegung einer Diplomprüfung zum "landwirtschaftlichen Betriebsleiter" ausgebildet zu werden. Das Programm sieht hier vor allem eine Vertiefung der betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und praktischen Aspekte der landwirtschaftlichen Tätigkeit vor, erläuterte Landeshauptmann Durnwalder.
Der Landeshauptmann stellte heute ebenso klar, dass dieses fakultative vierte Jahr nicht an allen Fachschulen für Landwirtschaft in Südtirol angeboten werde, sondern nur an einem Schulstandort.
Gratisstrom für Land und seine Betriebe
Eine Durchführungsbestimmung aus dem Jahr 1977 sieht vor, dass die Stromproduzenten in Südtirol dem Land je nach Nennleistung eine bestimmte Menge an Strom kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Bisher wurden die so erhaltenen rund 150 Millionen Kilowattstunden vom Land weiterverkauft. Mit der Folge, "dass wir diesen Strom relativ günstig verkauft haben, auf der anderen Seite für unseren eigenen Betrieb aber teuer Strom zukaufen mussten", so Landeshauptmann Durnwalder.
Diese Handhabung soll nun der Vergangenheit angehören. Die Landesregierung hat heute beschlossen, dass der Gratisstrom zu einem Teil (60 Millionen Kilowattstunden) zur Deckung des Strombedarfes des Landesbetriebes und der von diesem abhängigen Anstalten (z.B. Sanitätsbetriebe, Museen, Wohnbauinstitut, SMG, Arbeitsförderungsinstitut, Bibliotheken, Universität, Forst- und Domänenverwaltung, Versuchszentrum Laimburg, etc.) verwendet wird. "Wir schlagen auf diesen Strom auch nichts drauf. Er wird also kostenlos von uns weitergegeben", so Durnwalder.
Radio- und Handyempfang auch in Tunnels
Geht es nach der Landesregierung, soll bereits bald Schluss sein mit dem Ärger über abgebrochene Telefonate oder rauschende Radiosender, kaum fährt man mit dem Auto in einen Tunnel. "Wir dürfen hier nicht glauben, dass der Staat etwas gegen diesen Missstand unternehmen wird", so Landeshauptmann Durnwalder heute. "Vielmehr müssen wir schon selber etwas tun."
"Etwas tun" wird nun in einem ersten Schritt der für Informatik und Kommunikationswesen zuständige Landesrat Hans Berger. Er wurde heute von der Landesregierung beauftragt, mit allen Beteiligten - Netzbetreibern, RAS, Autobahngesellschaft, Landesämter und -abteilungen - Gespräche aufzunehmen um abzustimmen, wer welche Aufgaben übernimmt, damit der Empfang auch in Tunnels sichergestellt wird.
"Ich denke, wir können in diesem Zusammenhang mit einem relativ geringen finanziellen Aufwand erreichen, dass diese Unannehmlichkeiten ein Ende haben", so die Überzeugung des Landeshauptmannes.
Fahrradwegenetz wird weiter ausgebaut
Mit der Genehmigung weiterer Investitionen in Höhe von insgesamt rund 6,5 Millionen Euro hat die Landesregierung heute den Weg für einen weiteren Ausbau des Südtiroler Radwegenetzes frei gemacht. Finanziert werden dadurch (ganz oder teilweise) die Abschnitte Burgstall-Gargazon (1,45 Millionen Euro), Vahrn-Franzensfeste (355.000 Euro), St. Valentin-Reschen (2,29 Millionen Euro), Glurns-Schleis-Mals (1,81 Millionen Euro), Loösbrücke-Spondinig-Prad-Tschenglser Au (460.000 Euro) sowie Innichen-Sexten (142.000 Euro).
Mehr Geld für Stipendien
Genehmigt hat die Landesregierung heute auch die Aufstockung der Geldmittel für die Auszahlung von Studienbeihilfen, und zwar um 2,1 Millionen Euro. Damit können weitere 3146 Stipendien vergeben werden.
Überetsch/Unterland - Bozen: Studie über öffentlichen Verkehr
Vorschläge zur Anbindung des Raumes Überetsch-Unterland an die Stadt Bozen gibt es zuhauf: Ideen, wie jene einer Tram, Seilbahn, Schnellbahn, etc., kursieren bereits seit Jahren. Nun soll eine Studie Klärung bringen, die sich mit einem integrierten öffentlichen Verkehrssystem zwischen Bozen und dem Bereich Überetsch-Unterland beschäftigen wird. Der Auftrag zur Erstellung dieser Studie wurde an den Frangarter Ingenieur Hans Pfeifer vergeben. Die Kosten belaufen sich auf 58.000 Euro.
chr