Glaziologie-Camp 2022
Das Glaziologie-Camp richtet sich an naturwissenschaftlich interessierte Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen – zur Orientierung für die angehende Studien- oder Berufswahl. In diesem Jahr fand es erstmals in Zusammenarbeit aller drei Bildungsdirektionen statt.
Gletscher sind ein Indikator für das globale Klimageschehen und daher als Lernobjekte, gerade in Südtirol, von großer Bedeutung. Zwanzig Schüler*innen aus verschiedenen Schulen des Landes haben an einem gemeinsamen Projekt aller drei Bildungsdirektionen am Stilfserjoch teilgenommen. Bei Vorträgen, Exkursionen und Workshops setzten sie sich intensiv mit dem Thema Gletscher, aber auch mit der Geologie und Botanik des Hochgebirges im Nationalpark auseinander.
Gletscherdynamik, Albedo-Effekt und Paläoklimatologie
Komplexe Themen, wie Gletscherdynamik, Albedo-Effekt (der Rückstrahleffekt einer nichtspiegelnden Oberfläche) oder Paläoklimatologie bearbeiteten die Schüler*innen anhand von Simulationsexperimenten und wurden dabei von der Geologin und Lehrerin Silvia Forti begleitet. Sie erfuhren, welche Arten von Eis in der Antarktis vorkommen, wie Kieselalgen Aufschluss über die Klimageschichte geben können oder dass dunkle Ablagerungen auf dem Gletscher und der Mangel an Neuschnee die Strahlung stärker absorbieren, was das Abschmelzen der Gletscher weiter beschleunigt.
Methan-Seen auf dem Saturn-Mond Titan
Dass es Eis nicht nur auf der Erde gibt, sondern auch auf anderen Himmelskörpern erfuhren die Jugendlichen von Dieter Seiwald, Mitglied der Amateurastronomen "Max Valier". Der Ausflug ins Sonnensystem eröffnete faszinierende Einblicke: Polkappen auf dem Mars, riesige Wassermengen auf dem kleinen Jupiter-Mond Europa oder Methan-Seen auf dem großen Saturn-Mond Titan. Durch den Vergleich mit anderen Planeten werde die Besonderheit unseres Planeten Erde erst recht deutlich, unterstrich Seiwald.
Einblicke in Gletscher- und Klimaforschung
Bei Abendvorträgen berichteten die Forscher Giuliano Bertagna sowie Paolo Gabrielli der Ohio State University in einer Videokonferenz über die Gletscher- und Klimaforschung, die durch die Auswertung von Eisbohrkernen auf Gletschern erfolgt. Dabei werden in den unterschiedlichen Tiefen des Gletschereises Lufteinschlüsse sowie Pollen und andere Partikel untersucht, um daraus Rückschlüsse auf die damaligen Umweltbedingungen ziehen zu können. Im Jahr 2011 wurden auch am Ortler-Gletscher Bohrkerne entnommen, die an der Universität in Columbus Ohio ausgewertet werden.
Gletscher-Camp erstmals in Kooperation der drei Bildungsdirektionen
Ein besonderes Erlebnis war die geführte Gletscherwanderung auf den Suldner Gletscher. Dabei konnten die Jugendlichen den Gletscher erleben und auch sehen, dass das Eis unter den Füßen förmlich davonschmilzt. "Vom Besuch am Gletscher sind die Schülerinnen und Schüler jedes Jahr immer besonders beeindruckt", betonte die Koordinatorin der Initiative Susanne Hellrigl von der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion. "Lernen und Erleben" scheine die Zauberformel zu sein, damit Lernen Spaß macht, so Hellrigl: Der eindrucksvolle Anblick der Gletscher mit ihren mächtigen Moränen, das karge Gletschervorfeld als Zeuge der einstigen Größe des Gletschers, all das zu erleben, beeindrucke und fördere das Interesse der Jugendlichen.
EH