Aktuelles

Tagung zum Ersten Weltkrieg: Vom Kriegseintritt Italiens zum Kriegsheldentum

LPA – 28 Historiker aus sechs Ländern diskutieren derzeit an der Universität Bozen über den Ersten Weltkrieg im Alpenraum. Nach der Eröffnung der vom Landesarchiv und der Arbeitsgruppe Regionalgeschichte veranstalteten Tagung sprach der deutsche Wissenschaftler Holger Afflerbach über den Kriegseintritt Italiens. Er plädierte dafür, die große, d.h. die politische Geschichte und die Personalisierung nicht ganz dem kultur- und alltagsgeschichtlichen Zugang zu opfern. Dem Heldenmythos wurde in den weiteren Referaten auf den Grund gegangen. Die Tagung geht noch bis Samstag weiter.

Holger Afflerbach (ganz links) sprach über den Kriegseintritt Italiens.
Drei Tage lang ist Bozen der Nabel der Historikerwelt zum Thema Erster Weltkrieg. Seit heute Donnerstag, 21. April, debattieren 28 Geschichtswissenschaftler zu dem Ereignis, das die Geschichte unseres Landes am nachhaltigsten geprägt hat. Die wissenschaftlichen Leiter der Tagung, Hermann Kuprian, Oswald Überegger (beide von der Universität Innsbruck) und Siglinde Clementi (Arbeitsgruppe Regionalgeschichte) haben ein Programm auf die Beine gestellt, das den Krieg in den verschiedensten Facetten darstellt. „Wir haben den Schwerpunkt auf den kulturgeschichtlichen Zugang gelegt und das Themenspektrum vom Mythos des Heldensoldaten über die Heimatfront bis hin zu Psyche und Körper im Krieg gespannt“ so Clementi. In ihren Grußworten unterstrich Landesrätin Sabina Kasslatter Mur die Bedeutung dieser von den Veranstaltern gewählten Vielfalt: „Der Erste Weltkrieg im Alpenraum ist in den Augen vieler auf den Krieg in Fels und Eis reduziert. Nach 90 Jahren Konzentration auf die Militärgeschichte ist es an der Zeit, auch die Alltags-, Sozial- und Kulturgeschichte aufzuarbeiten. Der Krieg griff in alle Lebensbereiche ein.“ Für die Landesrätin ist das Symposium auch Teil einer Erinnerungskultur, das bisher unbeachtete Aspekte  erhellen kann.

Ein Kontrapunkt zur kulturgeschichtlichen Zugangsweise war der Eröffnungsvortrag von Holger Afflerbach. Der deutsche Historiker, der derzeit in Atlanta forscht, sprach zum Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 und plädierte dafür, dass die Politikgeschichte nicht außer Acht gelassen werden darf. Die Verantwortung müsse an den Einzelnen festgemacht werden. Afflerbach zeigte auf, dass der Kriegseintritt Italien weniger von der gewalttätigen Minderheit der Interventionisten  (D’Annunzio, Mussolini & Co.) als vielmehr von der Regierung, von einer, weniger als zehn Personen umfassenden Gruppe, aufgezwungen wurde.

Die anderen Referate gingen auf die Mythenbildung im Gebirgskrieg ein. Christa Hämmerle von der Universität Wien räumte mit dem alten Schema der Verherrlichung des Kampfes Mann gegen Mann auf. „Der Gebirgskrieg spielte sich ebenso wie das Schlachten an der Ost- und Westfront auf eine brutale Art und Weise ab“, sagte die Historikerin.

Die Tagung an der Universität Bozen dauert noch bis Samstag Nachmittag. 

ohn

Bildergalerie