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Operationszone Alpenvorland: Südtirol, Trentino und Belluno forschen gemeinsam

LPA – 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der durch die Nationalsozialisten errichteten „Operationszone Alpenvorland“ beschäftigt sich derzeit eine Studientagung mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte. Erstmals versuchen die drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno gemeinsam diesen Zeitabschnitt aufzuarbeiten. Heute (23. März) wird an der Freien Universität Bozen über die Formen der Besatzung diskutiert.

„Die Kulturpolitik in Südtirol ist an einer umfassenden Aufarbeitung der Zeitgeschichte sehr interessiert. Nur wenn alle Sprachgruppen gemeinsam und mit vereinten intellektuellen Kräften heikle geschichtliche Kapitel wie es die Operationszone Alpenvorland darstellt, aufarbeiten, werden wir zu einer objektiven historischen Sicht der Dinge gelangen. Aufgrund der besonderen Situation der verschiedenen  Sprachgruppen in unserem Land besteht bis heute das Problem, dass die Geschichte unter dem jeweils eigenen ethnischen Aspekt gesehen wird. Aus dieser Sackgasse kann nur eine überregionale Zusammenarbeit, wie sie bei dieser Tagung praktiziert wird, herausführen. Die Bemühungen um eine gemeinsame lokale Geschichtsforschung müssen in Zukunft weiter gefördert werden“, sagte Kulturlandesrätin Sabina Kasslatter Mur bei der Tagung, die heute in Bozen zu Gast ist.

Die Studientagung zur Operationszone Alpenvorland wird vom Trentiner „Museo storico“, dem Südtiroler Landesarchiv und dem „Istituto storico bellunese della Resistenza ed età contemporanea“ unter der wissenschaftlichen Leitung von Gustavo Corni (Universität Trient) vom 22. bis 25. März veranstaltet und von den Provinzen Trient, Bozen und Belluno gefördert. In den vergangenen Jahren hat es bereits mehrere Untersuchungen gegeben, die sich mit dieser historischen Epoche beschäftigten. Sie konzentrierten sich aber großteils auf das Gebiet der einzelnen Provinzen (Trient, Bozen, Belluno) die Teil der Operationszone Alpenvorland waren. Die diesjährige Tagung will das Thema erstmals aus einem breiteren und übergreifenden Blickwinkel behandeln. Ziel ist es, eine erste Gesamtschau der verschiedenen Wirklichkeiten in der „Operationszone Alpenvorland“ im Kontext der deutschen Besetzungspolitik zu erarbeiten. Zu den verschiedenen Themenschwerpunkten der Tagung gehören unter anderem der Handlungsablauf bei der Besetzung, ihre politischen, administrativen und militärischen Aspekte sowie die Beziehungen der Zonenverwaltung zur „Repubblica Sociale Italiana“ und zu den militärischen Behörden.

Methodisch wird die Tagung vor allem im Zeichen des historiographischen Vergleichs stehen: Die „Operationszone Alpenvorland“ wird eingebettet in den europäischen und nationalen Kontext, aber auch unter dem Aspekt der verschiedenen Gegebenheiten in den drei Provinzen untersucht.

An jedem der drei Tage beleuchten zuerst zwei Referenten von internationalem Ruf die italienische und europäische Gesamtsituation zwischen 1943 und 1945. Darauf folgen die Beiträge, die sich mit den drei Provinzen des „Alpenvorlandes“ befassen und von lokalen Historikern vorgestellt werden. In Bozen gingen die Geschichtswissenschaftler heute speziell auf die Form der Besatzung ein. Gustavo Corni verglich einleitend die verschiedenen Arten der Okkupation im Laufe des Zweiten Weltkriegs. Dann ging Monica Fioravanzo auf die Operationszone Alpenvorland und deren Beziehungen zur faschistischen Repubblica Sociale Italiana (RSI) ein. Michael Wedekind stellte die bevölkerungspolitische Ausrichtung des Dritten Reiches im Kontext mit der Operationszone vor, während Margareth Lun die Verwaltungs- und Militärstrukturen vorstellte. Die Wirtschaft im Trentino stand im Mittelpunkt des Referats von Ferruccio Vendramini, während Alberto Ianes den Fokus auf die Wirtschaft des Trentino in der Zeit der deutschen Besatzung lenkte.

Die Studientagung in Bozen wird am Donnerstagnachmittag mit Beiträgen von Lorenzo Gardumi (Repressionspolitik im Trentino), Alessandro Sacco (Nationalsozialistische Massaker in Belluno), Cinzia Villani (Zwangsarbeit im polizeilichen Durchgangslager Bozen), Josef Gelmi (Fürstbischof Geisler und der Nationalsozialismus; Die Haltung der Diözses Trient zu den Berhörden der Operatiosnzone Alpenvorland) und Vicenzo Calì (Führungskader der Operationszone Alpenvorland) fortgesetzt. Morgen Freitag macht die Studientagung in Belluno Station, ehe sie am Samstag in Trient zu Ende geht.

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