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Landesschulrat: Zweiter Versuch eines Gutachtens für Schulreform gescheitert

LPA – Gestern (22. März) trat der Landesschulrat zusammen, um ein Gutachten zum Beschlussantrag zur Schulreform seitens der Schulpolitik und der Schulverwaltung abzugeben. Dazu kam es nicht, wie Siegfried Baur, der Vorsitzende des Landesschulrates erklärt: „Die deutsche Sektion des Landesschulrates ist zum zweiten Mal durch eine absichtlich herbeigeführte Beschlussunfähigkeit daran gehindert worden, ein Gutachten abzugeben“.

Die Vorgeschichte ist rasch geschildet: Im Februar 2005 erteilte der Landesschulrat ein positives Gutachten für die weitere Erprobung der Schulreform im Schuljahr 2005/2006 und zwar auf der Grundlage eines Artikels des Haushaltsgesetzes des Landes, der die Umsetzung der Reform auf das Schuljahr 2006/2007 verschoben hat. Diese Entscheidung wurde 2004 getroffen, da man annahm, dass spätestens im Frühjahr 2006 die gesamte Materie für die Schulen aller Sprachgruppen durch ein Landesgesetz geregelt sein würde. Der Weg des Landesgesetzes, das mit allen drei Sprachgruppen vereinbart werden muss und dann noch einen langen Begutachtungsweg durchlaufen und schließlich auch noch den Weg durch den Landtag nehmen muss, nahm mehr Zeit in Anspruch als erwartet. Daher musste für das kommende Schuljahr ein neuer Beschluss der Landesregierung ins Auge gefasst werden, damit die Abschlussprüfungen der deutschen Mittelschulen im Frühjahr 2007 rechtlich in der gesamten Europäischen Union anerkannt werden. Dies erfordert ein schriftliches Einvernehmen mit dem Unterrichtsministerium, das nur dann gegeben werden kann, wenn die Grundsätze der Reform im kommenden Schuljahr verwirklicht werden.

Aus diesem Grund wurde ein neues Gutachten der deutschen Sektion des Landesschulrates notwendig. Bereits am 13. März trat der Landesschulrat zusammen, um darüber abzustimmen. „Das Gutachten konnte nicht abgegeben werden, weil über 30 Prozent der Mitglieder des Rates unentschuldigt nicht erschienen waren. Dazu kommt, dass nach einem vom Rat knapp genehmigten Gegenantrag einer Gruppe von Mitgliedern zum Beschlussvorschlag des Schulamtes und des Schulressorts nicht mehr abgestimmt werden konnte, da eine starke Gruppe von Lehrpersonen den Sitzungssaal verließ“, so Siegfried Baur.

In einer zweiten Sitzung, die für den gestrigen 22. März 2006 einberufen worden war, wurde von Siegfried Baur ein Kompromissvorschlag für ein Gutachten vorgelegt, dem in der Sitzung auch die Verwaltung zustimmte und das die größten Bedenken der Gruppe von Lehrern, die einigen Gewerkschaften, aber auch Lehrerverbänden nahe stehen, entkräftete, gleichzeitig aber inhaltlich neue wichtige Anregungen für eine Verbesserung der Reform gab. „So wurde den autonomen Schulen bis zum Inkrafttreten des Landesgesetzes zur Schulreform weiterhin ein großer Spielraum eingeräumt, mehr die Funktion des Lernberaters statt der Figur betont, einige wichtige Empfehlungen für die Einführung von Englisch ab der 4. Klasse der Grundschule gegeben und davor gewarnt, alle Bildungspläne und Curricula abzuschaffen und nur mehr für einen Katalog von Kompetenzbeschreibungen zu optieren“, erklärt Baur.

„Auch diesmal“, fährt Baur fort, „wurde ein Grund dafür gefunden, die Arbeit des Landesschulrates zu blockieren. Man verlangte eine verbindliche Erklärung darüber, dass auch im nächsten Schuljahr 2006/2007 der Stellenplan an den Mittelschulen auf der Basis von Unterrichtseinheiten zu 50 und nicht zu 60 Minuten erstellt werden würde. Diese Garantie konnte niemand von der Schulverwaltung geben, auch weil ein Rechtsgutachten der Staatsadvokatur inzwischen klargestellt hatte, dass die Unterrichtsstunden für Lehrer und Schüler eine Dauer von 60 Minuten haben müssen und die Schüler darauf ein Recht haben“. Daraufhin verließ eine Gruppe von Lehrern wiederum den Sitzungssaal, führte damit wieder die Beschlussunfähigkeit herbei.

Siegfried Baur hat inzwischen dem zuständigen Landesrat Otto Saurer und dem Schulamtsleiter Peter Höllrigl mitgeteilt, dass er keine weitere Sitzung zu diesem Thema mehr einberufen werde, da die Voraussetzungen für ein Gutachten nicht gegeben seien und dass daher, um die Handlungsfähigkeit der Landesregierung nicht hinaus zu zögern, die deutsche Sektion des Landesschulrates kein Gutachten zur Schulreform im Schuljahr 2006/2007 abgeben werde.

„Die Landesregierung wird nun ohne Gutachten, das nicht bindend ist, entscheiden und sie wird sicherlich, wie sie es bisher auch immer getan hat, den zwar nicht genehmigten, aber doch vorliegenden Vorschlägen eines großen Teiles des Landesschulrates zum Wohle aller Komponenten der Schule, also Schülern, Lehrpersonen und Eltern, entsprechen“, so Siegfried Baur.

Der Vorsitzende des Landesschulrates kritisiert die Mittel, die in den vergangenen beiden Sitzungen des Landesschulrates angewandt wurden, um Entscheidungen zu verhindern: „Die absichtliche Herbeiführung der Beschlussunfähigkeit eines Gremiums ist ein extremes Mittel in Demokratien, wenn rechtliche Verfahren nicht eingehalten und die Rechte von politischen Minderheiten, von Oppositionen absichtlich beschnitten werden. In diesen Fällen ist die Maßnahme legitim, weil sie gegen illegale Verfahren protestiert. Im Falle der beiden Sitzungen des Landesschulrates ist keine Verfahrensverletzung vorgekommen, ganz im Gegenteil. Es wurde ein Gegenantrag zur Beschlussvorlage des Schulamtes zur Abstimmung gebracht ohne diesen im Geringsten zu behindern. Nur war dieser Gegenantrag kein Gutachten über den Beschlussvorschlag des Schulamtes. Daher ist die Herbeiführung der Beschlussunfähigkeit in diesen beiden Fällen kein demokratischer Akt, sondern ein Angriff einer Komponente des Landesschulrates auf die Rechte der anderen Komponenten und des gesamten Gremiums, das durch derartige Aktionen in seiner Glaubwürdigkeit und Autorität ganz bestimmt nicht gestärkt, sondern deutlich geschwächt wird.“

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