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Aktionstage: Diskussion über Verantwortung und Wirtschaft
LPA - Die Zusammenhänge und das Zusammenspiel zwischen menschlicher Verantwortung und Wirtschaft standen Ende vergangener Woche im Fokus des zweiten Diskussionsabends der Reihe „Verantwortung für unser Land“, der im Rahmen der Aktionstage Politische Bildung 2011 in Meran stattgefunden hat.
„Verantwortung übernehmen!“ ist das Leitwort der diesjährigen Aktionstage Politische Bildung. Zu diesem Thema veranstaltet das Landesamt für Weiterbildung gemeinsam mit verschiedenen Bildungseinrichtungen die Diskussionsreihe „Verantwortung für unser Land“.
Der zweite und jüngste dieser Diskussionsabende fand Ende vergangener Woche im Nikolaussaal in Meran statt, wobei KVW Bildung und KVW Live zusammen mit der Projektgruppe der Aktionstage Politische Bildung als Veranstaltende verantwortlich zeichneten. Auch diesmal wurde nach der Methode der „Fish-Bowl“ gearbeitet, die sich auf die Diskussion anregend und „demokratisierend“ auswirkte.
Die Expertenrunde wurde durch Martin Haller, Vizepräsident des LVH, eröffnet. Er bemerkte, dass in der Wirtschaft derzeit ein Umdenken stattfinde und dass eine Rückbesinnung aufs Wesentliche im Gange sei. „Auch bei uns im Verband gibt es Veränderung“, so Haller.
Die Sonderstellung einer No-Profit-Organisation hob Silvia Pitscheider von der "Organisation für Eine Solidarische Welt" hervor: Man habe den gesellschaftlichen Profit vor Augen, das Ziel sei nicht das „Ständig Mehr“, sondern sehr viel eher das „Gute Leben“, so Silvia Pitscheider.
Josef Prader, Gründer der ersten Südtiroler Privatbank, unterstrich, dass auch im Bankgeschäft die Beziehung und das Vertrauen im Mittelpunkt des Geldgeschäfts zu stehen habe. „Das kann niemals outgesourct werden“, betonte Prader, der auch überzeugt ist, dass es „gerade nach der Krise zu wenig ist, wenn man nur auf Gewinnmaximierung setzt“.
Auf die vielen Widersprüchlichkeiten des Systems wies Sepp Stricker, geistlicher Assistent im KVW und ehemaliger Gewerkschafter, hin. Einerseits sei uns bewusst geworden, dass wir nicht mehr ständig wachsen können, andererseits gehe es der Unternehmerseite weiterhin vor allem um quantitatives Wachstum und kurzfristigen Gewinn. „Das Menschsein aber hängt am Schutz der Schwachen“, betonte Stricker.
Als Vertreter der jüngeren Generation war der aus dem Kosovo stammende Oberschüler Selvin Severi anwesend. Er befand, dass die derzeitigen Erwachsenen nicht verantwortungsvoll und unter Achtung der Nachkommenschaft agieren würden. Aufgrund seiner persönlichen Erfahrung ist der erste Wert, den Selvin für die Zukunft anstrebt, der Frieden.
Günther Reifer ist vor einiger Zeit von der „klassischen“ Wirtschaft in den Sektor der Nachhaltigkeit gewechselt, gerade weil er von der neuen Art der Beziehungen und von Kooperations- bzw. Beteiligungsmodellen fasziniert war. Reifer unterstrich, dass sich der Markt nach der Nachfrage richte und somit die Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung wesentlich bei den Verbrauchenden liege.
Die anschließende Diskussion mit den übrigen Anwesenden war anregend und durchaus kontrovers, wenn es etwa um die Verantwortung der Banken, die künstliche Erzeugung von Bedürfnissen, die Bedeutung der sozialen Marktwirtschaft, die Verteilung von Verantwortung in der so genannten Sozialpartnerschaft und grundsätzlich um die Definition von „Wohlstand“ oder „Wirtschaft“ ging.
Als Knackpunkt des Themas kristallisierte sich das Diktat des ständigen Wachstum heraus, das gerade durch die Finanzkrise immer mehr in Frage gestellt wird. Einig waren sich die Diskutierenden in der Feststellung, dass nunmehr ein neues Motto zu gelten habe, nämlich: Wer nicht an soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit denkt, hat auf dem Markt langfristig keine Chance mehr.
jw