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Kulturdonnerstag: Historisch-kritischer Blick auf Michael Gaismair
Beim Euregio-Kulturdonnerstag stellten sich am 13. März Gaismair-Gesellschaften aus dem Euregio-Gebiet vor – Professorin Kindl beleuchtete Gaismairs historische Figur und heutige Bedeutung
BOZEN (LPA). Michael Gaismair hat schon zu Lebzeiten polarisiert. Er gilt als Sozialreformer und Visionär und als unangefochtener Anführer der Bauernaufstände in Tirol und Salzburg im Jahr 1525. Grund genug für die Euregio Tirol-Südtirol-Trentino, sich beim Euregio-Kulturdonnerstag am Abend des 13. Märzs in Bozen mit dem historischen Wirken und der heutigen Bedeutung Gaismairs auseinanderzusetzen.
Im Waaghaus erwähnte Euregio-Generalsekretär Christoph von Ach, dass die Euregio sowohl mit der gestrigen Veranstaltung als auch mit dem Euregio-Museumsjahr 2025 das Thema aufgreift: "Die Zeit der Bauernkriege steht für gewaltsame Umbrüche, aber auch für den Willen zur Veränderung. Diese Parallelen zur Gegenwart bieten den Raum, unter dem Museumsjahr-Motto 'Weiter sehen' über Gerechtigkeit, Krisenbewältigung und Widerstand zu diskutieren."
Eine historisch-kritische Sicht auf Gaismairs Faszination warf die Kulturhistorikerin Univ.-Prof. Ulrike Kindl: "Gaismair war anfänglich wohl nur ein Rebell, sein Aufstand reifte jedoch zu einer echten Revolution heran – viel zu früh, zu radikal, zu utopisch. Dann kamen 500 Jahre eines gewollten Vergessens. Doch Tirol sähe heute anders aus, wäre der Entwurf von Gaismairs Landesordnung anno 1526 auch nur ansatzweise beachtet worden."
Drei Länder, drei Gaismair-Gesellschaften
Einen besonderen Zugang haben jene Gesellschaften, die Gaismair in ihrem Namen tragen: Josef Prackwieser, Präsident der Michael-Gaismair-Gesellschaft Bozen, erklärte: "Gaismair wurde politisch von links und rechts unterschiedlich gedeutet – vom frühbürgerlichen Revolutionsführer bis zum völkischen Helden. Seine Ideen von Gerechtigkeit und Mitbestimmung müssen im Kontext seiner Zeit verstanden werden. Dennoch lehren sie uns heute viel über den Kampf gegen soziale Ungleichheit und Machtmissbrauch."
Walter Eccli vom Circolo Michael Gaismayr Trient erläuterte, meist sei in Bezug auf die Bauernkriege nur von Gaismair die Rede: "Aber auch das italienischsprachige Tirol wurde vom revolutionären Wind erschüttert: So ist es Francesco Cleser, einem Mann der Tat, gelungen, die Aufständischen nicht nur in seinem Heimatort Pergine sondern auch in der Vallagarina zu organisieren und anzuführen."
Mit dem ehemaligen Tiroler Landesrat Walter Hengl konnte der Moderator und Historiker Hannes Obermair von Eurac Research auch einen Promotor der Gründung der Michael-Gaismair-Gesellschaft Innsbruck begrüßen. Hengl berichtete: "Bei der Gründung unserer Gesellschaft haben wir uns an Gaismairs Vorstellungen einer gerechteren Gesellschaft, basisdemokratischer Ansätze und eines öffentlichen Sektors orientiert. Wir begaben uns auf die Suche nach einem Tirol, das die gottgegebene Ordnung von Oben und Unten nicht als unabänderlich ansieht und soziale Fragen für wichtiger hält als nationale."
Website zum Euregio-Museumsjahr
Informationen über das Euregio-Museumsjahr 2025 gibt es ab 17. März auf der Website 2025.euregio.info.
LPA/gst