Vertrag wird Paket
Unterzeichnet haben den Pariser Vertrag Karl Gruber und Alcide Degasperi. Die toten Buchstaben zum Leben erweckt hat hingegen Silvius Magnago. Das war deshalb möglich, weil ihm endlich mit Ministerpräsident Aldo Moro und dem Bozner DC-Abgeordneten Alcide Berloffa auf römischer und lokaler Ebene verständnisvolle Gesprächspartner gegenüberstanden. Der Altlandeshauptmann hatte jedoch Zeit seiner politischen Laufbahn ein zwiespältiges Verhältnis zu jenem Dokument, auf dessen Grundlage er die heutige Autonomie stellte.
„Der Pariser Vertrag hat Stärken und
Schwächen. Negativ ist beispielsweise
die missverständliche territoriale
Abgrenzung und dass das Abkommen gar
nicht auf die Ladiner eingeht. Auch bei
der Frage der Rückoption hat man nur eine
halbe Sache gemacht. Dennoch ist der
Pariser Vertrag die Grundlage der Autonomie.
Am Bedeutendsten ist, dass mit dem
Vertrag die Grundlage für die Internationalisierung
der Südtirolfrage geschaffen
wurde.“ Silvius Magnago bewertet das
Abkommen vom 5. September 1946 auch
heute noch kritisch. Vor 30 Jahren hat der
damalige Landeshauptmann und SVP-Obmann
mit einer Grundsatzrede aufhorchen
lassen. Zentrales Element von Magnagos
Ausführungen: Die Bewertung des Pariser
Vertrags.
Rückblende: 1969 hat die SVP-Landesversammlung
das Paket gutgeheißen und
damit die Tür zum zweiten Autonomiestatut
geöffnet. Das folgende Jahrzehnt war
die goldene Ära bei der Ausgestaltung der
heutigen Autonomie. Südtirol und Rom
verwirklichten in diesen Jahren die westenlichen
Inhalte der Autonomie, wie sie von
den Maßnahmen des Pakets vorgesehen
war. Im März 1976 standen die zwei wichtigsten
Durchführungsbestimmungen zum
Autonomiestatut, jene zur Zweisprachigkeit
und jene zum ethnischen Proporz, kurz vor
der Verabschiedung. An diesem autonomiepolitischen
Höhepunkt ließ Magnago bei
der Landesversammlung der SVP die Zeitspanne
von der Unterzeichnung des Vertrages
bis hin zur konkreten Ausgestaltung
der Autonomie Revue passieren. In diesem
optimistischen politischen Klima erkannte
Magnago erstmals auch die Rolle der Männer
der Feuernacht von 1961 an.
Die Zeit von 1946 bis 1976 gliederte Magnago
in drei Abschnitte: Der erste reicht von
der Unterzeichnung des Pariser Vertrages
bis zur Überreichung der ersten österreichischen
Note an Italien im Jahr 1956. Der
zweite Abschnitt umfasst das Jahrzehnt von
1956 bis 1966 und wird von Landeshauptmann
Magnago als internationale Phase bezeichnet.
Die Jahre von 1966 bis 1976 stehen
im Zeichen der Ausfeilung und Durchführung
des Pakets.
Auch 1976 war für Magnago klar: „Der Pariser
Vertrag ist die feste Grundlage, auf der
die Partei ihre Arbeit zur Sicherung unseres
Volkstums leisten konnte und heute noch
leistet.“ Der Pariser Vertrag enthielt für den
damaligen Landeshauptmann zwei wesentliche
Bedingungen: „Die eine liegt darin,
dass uns das Recht auf eine eigene Autonomie
für Südtirol allein zugestanden wurde
[...] Die zweite besteht darin, dass diese
Autonomie nicht nur ein Geschenk einer
italienischen Regierung ist, das uns von einer
anderen unter geänderten Verhältnissen
wieder genommen werden könnte, sondern
dass sie auf alle Fälle international abgesichert
ist.“
Seine Rede abschließend stellte Magnago
schließlich fest, dass der Pariser Vertrag trotz
aller Mängel der Ausgangspunkt für das
neue, brauchbare Autonomiestatut gewesen
sei. „Die Generation, der ich angehöre, hat
rund von ihrem 30. bis zu ihrem 60. Lebensjahr
um die praktische Durchführung des
Pariser Vertrages im Sinne eines wirksamen
Schutzes [...] der deutschen und ladinischen
Südtiroler gekämpft. Es wurde viel erreicht“,
so Magnago.