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Jugendstudie 2009 vorgestellt: Gesetzt, familienbewusst, skeptisch

(LPA) Gesetzt, zufrieden mit Landschaft und Wohlstand, orientiert an familiären Werten, aber auch skeptisch dem Fremden, aber auch den Herausforderungen der Zukunft gegenüber: Dies ist das Bild, das die heute (11. Juni) vom Landesstatistikinstitut ASTAT vorgelegte Studie von Südtirols Jugendlichen zeichnet.

Großes Interesse an einem Klassiker: Die Jugendstudie 2009 wurde heute im Palais Widmann vorgestellt, und zwar auch den LR Kasslatter Mur, Florian Mussner und Christian Tommasini (erste Reihe) (Foto: LPA/Pertl)

Die Jugendstudie gehört bereits zu den klassischen Erhebungen des ASTAT. So wurde auch im vergangenen Sommer eine repräsentative Stichprobe von nicht weniger als 1100 Jugendlichen mit einer ganzen Reihe an Fragen konfrontiert, deren Palette von der Selbstwahrnehmung über die Familie bis hin zu Freizeit- und Risikoverhalten, Liebe und Sexualität reicht. "Die Studie bildet eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen, die die Jugendlichen und damit die Zukunft dieses Landes betreffen", betonten heute die Landesräte Sabina Kasslatter Mur, Florian Mussner und Christian Tommasini bei der Vorstellung der Studie im Palais Widmann in Bozen.

"Es ist Aufgabe der Politik, günstige Rahmenbedingungen für die Entfaltung der Jugendlichen zu schaffen, damit diese zu mündigen und kritischen Bürgern heranreifen können", so Kasslatter Mur. Eine wichtige Voraussetzung sei dabei, dass die Erwachsenen das vorlebten, was sie von Jugendlichen erwarteten. "Und da gibt es ab und an durchaus Diskrepanzen", so die Landesrätin heute.

Kasslatter Mur betonte zudem, dass es ihre Generation leichter gehabt habe, als die Generation der heutigen Jugendlichen: "Mit der nötigen Unterstützung durch das Elternhaus, mit Leistungsbereitschaft und Engagement standen uns alle Wege offen", so die Landesrätin. "Das ist heute anders." Wirtschaftskrise, Zugangsbeschränkungen an den Universitäten, eine höhere Arbeitslosigkeit und eine allgemeine Verunsicherung durch die Folgen der Globalisierung bewirkten oft einen Rückzug auf sich selbst, so Kasslatter Mur, deren Appell heute lautete: "Nehmen wir junge Menschen ernst, auch wenn sie über kein Stimmrecht verfügen."

Aktive, bewusste Bürger heranzuziehen, nannte auch Landesrat Tommasini als Hauptaufgabe der Gesellschaft. "In unserem Land kommt dabei der Bildung, den Sprachkenntnissen und dem geschichtlichen Bewusstsein eine besondere Rolle zu", so der Landesrat, der heute alle Beteiligten in die Pflicht nahm: Politik, Jugendarbeit, Jugendorganisationen, aber auch die Jugendlichen selbst. "Um Entscheidungen zu treffen, die im Einklang mit den Bedürfnissen der Jugendlichen stehen, müssen wir über diese profund Bescheid wissen", so Tommasini. Die nötigen Erkenntnisse lieferten professionelle Vermittler, etwa die Jugendarbeiter, aber auch die ASTAT-Jugendstudie.

Positiv hervorgehoben hat Landesrat Mussner heute den Optimismus, den die Jugendstudie den Jugendlichen bescheinigt. "An diesem können wir Erwachsene uns ein Beispiel nehmen", so Mussner. Es sei besonders wichtig, so der Landesrat, dass der Jugend Werte vermittelt würden. "Wir müssen den Jugendlichen zeigen, dass Werte wie Toleranz, Offenheit und Respekt cool sind", erklärte der Landesrat, der darauf verwies, dass die Jugend eine der Prioritäten der Landesregierung darstelle und alle in diesem Bereich getätigten Investitionen Investitionen in die Zukunft seien.

Die Jugendstudie 2009 liefert ein umfassendes Bild der 12- bis 25-Jährigen in Südtirol. Dieses Bild umfasst etwa die Einstellungen der Jugendlichen zu ihrer Herkunftsfamilie und ihren Eltern, die eine durchaus praktische sein kann. So hat die Studie ergeben, dass Jugendliche an Vätern vor allem schätzen, dass man sich auf sie verlassen könne und sie ihre Kinder finanziell unterstützten. Für sechs von zehn Jugendlichen ist die beliebteste Eigenschaft der Mutter das Erledigen der Hausarbeit. Negativ genannt wird, dass sich die Eltern zu sehr in die Angelegenheiten ihrer Kinder einmischten und "immer Recht haben wollen".

Im Mittelpunkt ihres Lebens stehen für Jugendliche ihre Freunde, die meist der eigenen Sprachgruppe angehören. Auffallend ist, dass die Südtiroler Jugendlichen Einwanderern gegenüber eine distanzierte Haltung einnehmen. Allerdings zeigt die Jugendstudie auch, dass diese Distanz abnimmt, wenn Jugendliche auch tatsächlich in Kontakt mit den Einwanderern treten, also etwa ausländische Freunde haben. In diesen Fällen zeigt sich eine größere kulturelle Offenheit.

In Sachen Gesundheit sind die allermeisten Befragten durchwegs zufrieden. Sie fühlten sich gesund, allerdings zeigt sich eine unterschiedliche Einstellung von Buben und Mädchen zu ihrem Körper. So äußern sich beispielsweise weitaus mehr Mädchen als Buben negativ über ihr Gewicht, wobei Buben aber faktisch sehr viel häufiger zu Fettleibigkeit tendieren. "Einmal mehr wird hier der gesellschaftliche Druck, der in Punkto Schönheit und Schlankheit auf den Frauen lastet, deutlich sichtbar", so die Autoren der Studie.

Befragt wurden die Jugendlichen auch nach den Gründen, die ihnen Sorgen bereiteten. An Nummer eins rangiert hier der Leistungsdruck (mit einem seit 2004 nach oben zeigenden Trend), dahinter werden unbestimmte Zukunftsängste, Unglücklichsein und Gefühle der Einsamkeit genannt. Frauen zeigen sich dabei wesentlich unsicherer als Männer, letztere schrecken aber stärker vor der Übernahme von Verantwortung zurück und machen sich auch mehr Gedanken über den Sinn des Lebens.

Beim Freizeitverhalten steht das Sich-Treffen mit Freunden an oberster Stelle. Nicht überraschend zeigt sich zudem, dass der Computer teilweise das Spielen im Freien, aber auch beispielsweise das Lesen als Freizeitbeschäftigungen ablöst. Zudem zeigt die Studie auf, dass sich das politische Interesse und auch die Partizipationsbereitschaft der Jugendlichen in Grenzen hält. Dies mag auch daran liegen, dass Jugendliche sich durchaus zufrieden über Landschaft, Sportmöglichkeiten und Wohlstand im Land äußern. Fragt man die Jugendlichen nach den Prioritäten, die sich die Politik setzen sollte, werden soziale Aspekte und die soziale Absicherung zuvorderst genannt, die Umwelt liegt dagegen auf den hinteren Rängen.

Allgemein zu den Lebenszielen befragt, liegt die "eigene Familie mit Kindern" mit großem Vorsprung auf Platz eins, gefolgt vom Erfolg im Berufsleben und einer sicheren Arbeitsstelle sowie vom Wunsch, die Welt kennenzulernen. "Die Wertung der Prioritäten ist seit der letzten Jugendstudie 2004 in etwa gleich geblieben, lediglich die Bedeutung eines sicheren Arbeitsplatzes hat zugenommen", so die Autoren der Studie.

In Sachen Risikofaktoren hat das ASTAT untersucht, inwieweit Jugendliche bei der Lösung von Problemen zu Gewalt neigen. Dabei bestätigt sich die Erkenntnis, dass dazu eher Jugendliche mit gewaltbereiten Eltern tendieren, während solche, die keine Gewalt von Seiten der Eltern erfahren haben, versuchen, Konflikte gewaltlos zu lösen. Festgestellt hat man auch, dass immer mehr Jugendliche rauchen und sich von jenen Jugendlichen, die Alkohol trinken, fast neun von zehn im vergangenen Jahr zumindest einmal betrunken haben. "Auch wenn Tabak- und Alkoholkonsum unter den jungen Südtirolern relativ weit verbreitet sind, gilt dies nicht für andere Rauschmittel", heißt es in der Studie.

Liebe und Sexualität war der letzte Bereich, den das ASTAT unter die Lupe genommen hat. Dabei hat sich gezeigt, dass Mädchen frühreifer sind, sich also früher auf feste Beziehungen mit einem älteren Partner einlassen. Im Vergleich zu früheren Studien zeigt sich auch, dass Jugendliche beim ersten Geschlechtsverkehr mehr Wert auf Verhütung legen. Mehr als 90 Prozent der Befragten verwenden zudem in laufenden Beziehungen ein Verhütungsmittel, meist ein Kondom.

chr

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