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LH Durnwalder und LR Theiner stellen Armutsstudie vor

LPA - 17,9 Prozent der Südtiroler Haushalte gelten als armutsgefährdet. Ohne das soziale Netzwerk des Landes wären es über ein Viertel. Das und vieles mehr geht aus der neuesten Erhebung des Landesstatistikinstituts (ASTAT) hervor, die heute vormittag (15. Juni) im Palais Widmann in Bozen von LH Luis Durnwalder und Soziallandesrat Richard Theiner präsentiert wurde.

Die Daten und Fakten zur Armutsgefährdung in Südtirol wurden heute von Landeshauptmann Luis Durnwalder, LR Richard Theiner (r.) und ASTAT-Direktor Alfred Aberer (l.) vorgestellt.

Die Studie mit dem Titel "Armut und finanzielle Deprivation in Südtirol 2008-2009" wurde von der Landesregierung anlässlich des "Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung" 2010 in Auftrag gegeben und vom Landesstatistikinstitut (ASTAT) in Zusammenarbeit mit der Landesabteilung Sozialwesen ausgearbeitet. Es handelt sich um eine Vertiefung der im Frühjahr präsentierten Studie zu den Haushaltseinkommen.

Wie Landeshauptmann Luis Durnwalder bei der Präsentation betonte, liege Südtirol in vielen Bereichen im europäischen Vergleich vorne, dennoch gebe es auch hierzulande Familien, die nicht in der Lage seien, mit dem hohen Lebensstandard, der in Südtirol herrscht, mitzuhalten. "5,4 Prozent der Südtiroler leben in manifester Armut. 17,9 Prozent der Bevölkerung, also rund 36.000 Familien in Südtirol, sind armutsgefährdet, wobei es einen 'abrutschgefährdeten Mittelstand' gibt. Hier müssen wir konkrete Maßnahmen setzen", betonte der Landeshauptmann und verwies auf die Vorgaben der EU im Rahmen der "Europa 2020"-Agenda. Diese hat sich unter anderem die Verringerung der Armut und die Förderung der sozialen Eingliederung in Europa im kommenden Jahrzehnt zum Ziel gesetzt und folgt auf die Lissabon-Agenda der Jahre 2000-2010, die darauf abzielte, Europa zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen.

"Die Einkommensunterschiede, die aus der Erhebung hervorgehen, sind teilweise beträchtlich. Auch wenn das Land in diesem Bereich bereits einiges getan hat, dürfen wir nicht die Augen vor der Armut verschließen, sondern müssen dafür Sorge tragen, dass es möglichst allen gut geht. Dazu liefert die Studie die nötige Zahlengrundlage", so LH Durnwalder.  

Für Gesundheits- und Soziallandesrat Theiner zeigt die ASTAT-Studie auch auf, dass das soziale Netzwerk in Südtirol sehr gut funktioniert. "Die Sozialleistungen machen einen wichtigen Anteil, insbesondere an den untersten Einkommen, aus. Ohne diese Geldleistungen wären sogar 25,3 Prozent, also rund 50.700 Haushalte, armutsgefährdet", so Theiner. "Das bedeutet, dass durch die Sozialleistungen des Landes Südtirol 7,4 Prozent oder 14.700 Haushalte davor bewahrt werden, in die Armut abzurutschen." 

Rund 300 Millionen Euro pro Jahr investiert die Südtiroler Landesregierung in das Sozialwesen: Die Mittel gehen in die Pflegesicherung (193,9 Millionen Euro), die Familienförderung (45 Millionen Euro), die Finanzielle Sozialhilfe (23,9 Millionen Euro) und viele andere soziale Unterstützungsmaßnahmen. "Ganz wichtig im Kampf gegen die Armut ist die Finanzielle Sozialhilfe. Als finanzielle Grundsicherung, so wie es sie in Südtirol gibt, ist sie einzigartig in Italien", erklärte LR Theiner.

Von 2009 auf 2010 sind die Zahlungen der Finanziellen Sozialhilfe um ganze 20 Prozent angestiegen. 2010 haben insgesamt 9.600 Südtiroler Familien diese zeitlich begrenzte finanzielle Unterstützung in Anspruch genommen. Und die Zunahme hält an, wenn auch in weniger geringem Ausmaß: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2011 wurde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg der Zahlungen um neun Prozent verzeichnet.

Dennoch könne die Armut nicht allein mit den Geldbeiträgen des Landes Südtirol bekämpft werden. "Wenn immer mehr Menschen mit ihrem Einkommen kein Auskommen mehr finden, muss etwas falsch laufen", betonte Landesrat Theiner und regte Zusatzverträge zu den Kollektivverträgen in Südtirol an. Zudem appellierte er an die soziale Mitverantwortung jedes einzelnen: "Menschliche Solidarität und Hilfsbereitschaft gegenüber dem Nächsten sind Werte, die wir dringend benötigen, um dieser großen gesellschaftlichen Herausforderung beizukommen."

Alfred Aberer, Direktor des Landesstatistikinstituts ASTAT, und Lorenzo Smaniotto, Direktor des Amtes für Wirtschaftsstatistik, präsentierten im Anschluss die Details der Armutsstudie, die sich in drei Teile gliedert: Im ersten Kapitel wird Armut im Sinne eines geringeren Haushaltseinkommens untersucht, das zweite Kapitel befasst sich mit dem fehlenden Zugang der Haushalte zu bestimmten Gütern und Dienstleistungen und im dritten Kapitel wird die Armutsgefährdung den Wohn- und Eigentumsverhältnissen der Haushalte gegenübergestellt. 

Einkommen

"Armutsgefährdet bedeutet, dass im Haushalt ein Jahreseinkommen erzielt wird, das auf höchstens 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens eines Südtiroler Haushaltes kommt", erklärte Alfred Aberer. Das durchschnittliche Einkommen in Südtirol beträgt 17.095 Euro, die Armutsgefährdungsschwelle liegt demnach bei 10.257 Euro Einkommen im Jahr. "140.756 Haushalte in Südtirol, das entspricht 70,1 Prozent, beziehen ein mittleres und 23.953 Haushalte (11,9 Prozent) ein hohes Einkommen. 36.000 Haushalte (17,9 Prozent) liegen hingegen unter dieser Schwelle. Damit liegt Südtirol im EU-Schnitt", so Aberer.

Schwache Einkommen haben insbesondere Paare mit drei oder mehr unterhaltsberechtigten Kindern, ein Elternteil mit einem oder mehreren unterhaltsberechtigten Kindern sowie alleinlebende Frauen. Auf den Wohlstand eines Haushaltes wirken sich verschiedene Faktoren wie Studientitel, Staatsbürgerschaft, die Erwerbstätigkeit der Frauen, die Ausübung einer Nebenerwerbstätigkeit usw. aus.

Finanzielle Deprivation

Unter finanzieller Deprivation versteht man die (auch nur vorübergehende) Unmöglichkeit, sich bestimmte Güter und Dienstleistungen zu leisten. Das trifft auf 42.402 Südtiroler Haushalte (21,1 Prozent) zu, 158.265 Haushalte (78,9 Prozent) haben hingegen ausreichende Finanzmittel, um die notwendigen Ausgaben problemlos zu bestreiten.

Aus der Kombination von Armutsgefährdung und finanzieller Deprivation ergeben sich vier Armutslagen: manifeste Armut, Einkommensmangel, Teilhabemangel, kein Mangel. 5,4 Prozent der Haushalte in Südtirol leben in einer manifesten Armutslage, das heißt sie sind armutsgefährdet und leiden gleichzeitig am fehlenden Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. Keinen Mangel verspüren 66,4 Prozent der Südtiroler Haushalte (133.322 Haushalte).

Wohnen und Ersparnisse

Die Haushaltstypen, bei denen die Wohnkosten das Einkommen am stärksten belasten, sind die alleinlebenden Männer und Frauen mit oder ohne Mietkosten.

45,2 Prozent der Südtiroler Haushalte geben an, dass sie im Jahr 2008 keinerlei Ersparnisse beiseite legen konnten. Ein bedeutender Anteil der Haushalte (36,1 Prozent) konnte bis zu 5.000 Euro sparen. Die Anteile derjenigen, die zwischen 5.000 und 10.000 Euro (12,5 Prozent) und mehr als 10.000 Euro (6,1 Prozent) beiseite legen konnten, sind hingegen deutlich geringer.

Die Studie "Armut und finanzielle Deprivation in Südtirol 2008-2009" findet sich vollinhaltlich im Anhang. Sie kann im Internet unter www.provinz.bz.it/astat heruntergeladen werden und ist in gedruckter Version beim Landesstatistikinstitut (ASTAT), Landhaus 12, K.-M.-Gamperstr. 1, in Bozen erhältlich (Tel. 0471 418404).

mpi

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