Frauen unterwegs. gestern. heute. morgen
Virtuelle Ausstellung zum Internationalen Tag der Frau, 8. März 2017 - ein Beitrag der Museen
Insgesamt sieben Museen sind der Einladung der Abteilung Museen gefolgt, darüber zu reflektieren, wie sich ihr Sammlungsbestand zusammensetzt, welche Art von weiblichen Objekten vorhanden sind, welche davon über einen Migrationshintergrund oder –bezugverfügen, wie sie in die Sammlung gekommen sind, wie sie präsentiert werden und welchen Kontext das Museum insgesamt für diese Objekte darstellt.
Auf den ersten Blick möchte man meinen, die zurückhaltende Art der Museen in Südtirol – und wahrscheinlich nicht nur – lässt auf eine Unbetroffenheit dieses Themas schließen. Dieser erste Eindruck trügt. Viel eher ist es wohl eine große Unsicherheit, die wahren Geschichten der Objekte und jene der Frauen, die vielfach hinter diesen Objekten stehen, kritisch zu hinterfragen oder die weiteren Fragen, die sich bei einer intensiveren Auseinandersetzung dieses Themas ergeben?
Dabei ist das „Unterwegs sein…auf der Flucht sein…Frauen und Migration“ ein aktuelles Thema. Schon immer hat es im weitesten Sinne Migrationsbewegungen gegeben, auch innerhalb unseres Landes. Frauen sind beispielsweise aus Heiratsgründen von einem ins andere Dorf gezogen oder als Magd von einem Hof zum anderen, oft von einem Tal ins andere.
Betrachten wir dieses Phänomen in der Gegenwart, so wissen wir, dass die Hälfte aller Flüchtenden weltweit Frauen und Mädchen sind. Ihre Beweggründe sind ähnlich jener der Männer: wirtschaftliche, soziale, kulturelle oder politische. Immer sind es persönliche Schicksale, die direkt damit verbunden sind.
So erzählen auch die Objekte der teilnehmenden Museen sehr persönliche Geschichten von Frauen und spiegeln zugleich jene anderer Frauen von gestern, heute und morgen.
Museen können noch mehr über ihr Selbstverständnis als Orte des bloßen Bewahrens, der Erinnerung hinauswachsen und die Chance wahrnehmen, als Orte des kulturellen Austauschs, des offenen Dialogs und der kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen und brisanten Themen zu agieren.
Die meisten der ausgewählten Objekte sind in den Museen mit einem QR-Code gekennzeichnet.
Dieser ist direkt zur virtuellen Ausstellung verlinkt und gibt auch Auskunft über die anderen Objekte.
Die Ausstellung wurde von Esther Erlacher der Abteilung Museen kuratiert.
Titelbild: Christine Gallmetzer, Taschenfrau mit Blau, 2007 (Ausschnitt)
Nähmaschine
Nähmaschine mit Tretvorrichtung mit Möbel und seitlicher Verlängerung. Elektrische Lampe.
- Objektbezeichnung:
- Nähmaschine
- Inventarnummer:
- 1574
- Material:
- Eiche, Metall
- Technik:
- furniert
- Institution:
- Museum für Alltagskultur
- Maße:
- Länge 105 cm, Breite 44.5 cm, Höhe 78 cm, Höhe 128 cm
- Historische-kritische Angaben:
-
Diese Nähmaschine gehörte Frau Aloisia Bazzanella, verheiratete Turra. Geboren wurde Frau Luisa, wie sie in Meran genannt wurde, am 4. Mai 1921 in Neumarkt, als 3. von 5 Kindern. Der Vater Egidius Bazzanella arbeitete bei der Eisenbahn, die Mutter Anna Fontana war Hausfrau. Die politischen Umstände brachten eine Versetzung der Familie ins Veneto mit sich, wo Luisa die italienische Grundschule besuchte und auch erfolgreich das Schneiderhandwerk erlernte. Auf einem Fest traf sie ihren späteren Ehemann Sebastiano Turra. Als junges Mädchen erfreute sie sich an der Musik, lernte von ihrem Vater das Spielen der Ziehharmonika und tanzte leidenschaftlich gerne.
In den Jahren der Option, 1939/40, optierte der Vater Egidius für die Auswanderung ins Deutsche Reich, so groß war die Angst nach Sizilien versetzt zu werden. Die Mutter Anna Fontana verkaufte ihren kleinen Besitz in Neumarkt. Die Familie Bazzanella gelangte zunächst nach Siebenbürgen, dann nach Dillingen an der Donau in Bayern. 1942 kam Sebastiano Turra, der in deutsche Gefangenschaft geraten war, sie suchen und sie heirateten.
Mit der Aufteilung Deutschlands in die Besatzungszonen kamen Amerikaner 1945 nach Dillingen und die Familie Turra wurde innerhalb 48 Stunden nach Italien ausgebürgert; mitnehmen durften sie nur, was sie tragen konnten - zwei kleine Kinder.
Sie fanden Unterschlupf in Meran, wo sich das Ehepaar langsam ein würdiges Dasein erarbeitete. Frau Bazzanella Turra war eine äußerst geschickte Schneiderin, arbeitete genau und verlässlich, besaß guten Geschmack und einen eisernen Willen. Vielen jungen Mädchen hat sie das Schneidern beigebracht und sehr viele Kunden blieben ihr jahrelang treu.
Die Kinder erzog sie mit Güte und Konsequenz. Sie legte großen Wert darauf, dass die Kinder was lernten, zu Hause mithalfen und sich in ordentlicher Gesellschaft aufhielten. Sie ging mit gutem Beispiel voran: Wer im Leben was erreichen will, muss arbeiten. Lieber nähte sie nächtelang, als dass der Familie etwas Wichtiges gefehlt hätte. Zeit zum Spielen gab es nur an hohen Feiertagen; da konnte sie sich ins "Mühle" spielen versenken und gewann auch meistens.
1970 kehrten auch die Eltern Anna Fontana und Egidius Bazzanella und die zwei jüngeren Zwillingsschwestern Anna und Maria Bazzanella nach Südtirol zurück. Die zwei älteren Brüder Josef und Rudolf Bazzanella waren 1943 im Krieg gefallen bzw. 1945 verünglückt.
Das Grab der Familien Bazzanella und Turra befindet sich im städtischen Friedhof von Meran.
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