Kulturgüter in Südtirol

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TEETH, GUMS, MACHINES, FUTURE, SOCIETY (Ashley)

Ed. 2/3 + 1 AP

Vergrößerung aus Aluminium eines originalen Grill, welcher von der Performerin Ashley während einer Kunstaktion von Reynaud Dewar in Memphis getragen wurde. Dieser überdimensionale Grill fungiert als Abfallbehälter.

Die Performance in Memphis, Tennessee sah das Rezitieren von Auszügen aus einem sozialistisch-feministischen Manifest vor, während vier lokale Stand-Up-KomikerInnen dazu improvisierten.
Reynaud Dewar wählte Memphis als Ort der Performance aufgrund seiner besonders vielfältigen und kontroversen Geschichte. Die Stadt am Mississippi-Delta an der Grenze zwischen dem wohlhabenden Mittleren Westen und den ärmeren Südstaaten war Zentrum des amerikanischen Sklavenhandels und des 'Civil Rights Movement'.
Die von den Performern getragenen Grills werden typischerweise aus Edelmetallen wie Gold, Silber oder Platin hergestellt und über den Frontzähnen getragen. Ihre genaue Herkunft ist nicht sicher geklärt, jedoch spielen sie seit den frühen 1990er-Jahren eine wichtige Rolle im Hip- Hop und Rap. Sie sind Teil des sogenannten Ballin' oder Flossin', also dem Zur- Schau-Stellen oder auch nur dem Vorgeben des eigenen Reichtums und Erfolges. Die damit verbundene Kultur kann auch als Verquerung des normativen amerikanischen Traums gelesen werden. Als Kultgegenstand sind die Grills tief mit der schwarzen Musikkultur der USA verbunden, obwohl sie mittlerweile auch in anderen Kontexten des Mainstreams auftauchen. Insbesondere in der Rapszene der Südstaaten ist ihre Bedeutung nach wie vor ungebrochen. Sie sind Ausdruck der kulturellen Emanzipation einer Bevölkerungsgruppe, der über lange Zeit keine eigene Kultur zugestanden wurde. Gleichzeitig haben sie aber bisweilen die Funktion, marode Zähne zu verstecken, und markieren somit auch die soziale Realität jenseits der Zahnzusatzversicherung. Reynaud Dewar eignet sich die Grills für ihre Performance auf vielfältige Weise an. Immer wieder stellt sich die Frage, ob ein derart kodierter Kultgegenstand einem Bedeutungswandel unterzogen werden kann. Darüber hinaus macht ihre Transformation bewusst, dass die Grills wie ein Schutzschild über den sensiblen Zähnen wirken und ihre Position im Übergangsraum zwischen innen und außen, Individuum und Gesellschaft markieren. Reynaud Dewar sammelte den von den Performern während der Dreharbeiten in Memphis produzierten Müll, um ihn in den Ausstellungsräumlichkeiten und in den vergrößerten Grills zu verteilen. Damit bezieht sie sich auf den 'Sanitation Strike', einen Streik der Abfallarbeiter im Jahr 1968, während dessen sich die Bürgerrechtsbewegung in Memphis weiter radikalisierte. Über zwei Monate hinweg protestierten die Arbeiter gegen rassistische Diskriminierung und gefährliche Arbeitsbedingungen. Tausende schlossen sich den nicht immer friedlichen Märschen und Kundgebungen an, während sich in der Stadt deutlich sichtbar der Müll türmte. Der Streik war auch der Grund für Martin Luther King Jr., Memphis zu besuchen und sich an den Protesten zu beteiligen. Nach dem tödlichen Attentat auf King am 4. April 1968 verstärkte sich der Streik und es kam zu nationalen Aufständen. Erst am 16. April 1968 kam es zu einer Einigung der Streikenden mit der Stadt. Memphis war durch seinen hohen afroamerikanischen Bevölkerungsanteil von jeher ein wichtiger Ort der Bürgerrechtsbewegung, beispielsweise wurde hier die NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) gegründet und Sit-ins und Boykotte hatten seit Beginn der 1960er-Jahre Konjunktur. Die Stadt erlangte jedoch hauptsächlich traurige Berühmtheit als Ort des Mordes an Martin Luther King Jr. und wird noch heute von dieser Geschichte verfolgt. Reynaud-Dewar beschwört diesen Geist und das Andenken an das 'Civil Rights Movement' und den Streik jenseits des lokalen und historischen Kontextes, um Fragen nach der Kollektivität und Mobilität von Geschichte zu stellen.

Objektbezeichnung:
Skulptur
Inventarnummer:
2382
Hersteller:
Reynaud Dewar, Lili
Sammlung:
Sammlung Museion
Datierung:
2016
Material:
Aluminium, Kunststoff
Technik:
gegossen
Institution:
Stiftung MUSEION. Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen
Maße:
Werk Höhe 123, Werk Breite 70, Werk Tiefe 23

 

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