Kulturgüter in Südtirol

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Intimes Schaffen

Intimes Schaffen

Georg Greve-Lindau und seine Aktdarstellungen

„Man darf auf einem Bilde dem Menschen nicht ansehen, daß er gemalt ist, sie müssen kaum wissen, daß sie gemalt werden.“ Nicht selten scheinen diese Worte Leopold von Kalckreuths (1855-1928) im Werk des deutschen Malers und Grafikers Georg Greve-Lindau (1876-1963) nachzuhallen. Als dessen Meisterschüler an der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste erlernte Greve-Lindau ab 1902 die Feinheiten der Porträtmalerei. Zuvor hatte er bereits bei Ludwig Schmitt-Reutte (1862-1909) in München und Karlsruhe das Aktzeichnen nach Modell perfektionieren können. Sein Geschick für die Wiedergabe verschiedener Körperhaltungen sowie die Umsetzung von Muskelpartien findet in den Aktzeichnungen mit Rötelstift vielleicht noch deutlicheren Ausdruck als in den ausgeführten Gemälden.

Neben der technischen Bandbreite – von Ölgemälden, Aquarellen, Zeichnungen bis hin zu Lithografien und Radierungen – spiegelt sich in Greves-Lindaus Akten auch die außergewöhnliche thematische Vielfalt seines Werks wider. Zum einen nimmt er die Jahrhunderte alte künstlerische Tradition auf, mit dem Einbinden des Aktes in einen mythologischen oder biblischen einen Vorwand zu schaffen, um gesellschaftlich lange Zeit verbotene Nacktheit darzustellen. Daneben finden sich aber auch viele „modernere“ Motive, wie die bei den Impressionisten beliebte Darstellung scheinbar unbeobachteter Frauen etwa bei der Toilette, sowie die auch im Expressionismus populären „Badenden“.

Anders als die anonym gehaltenen Gruppenakte, die eher für die Öffentlichkeit gedacht waren, scheinen die Einzelakte in häuslicher Szenerie das Bedürfnis Greve-Lindaus zu befriedigen, bestimmte private Momente für sich persönlich festzuhalten. Es verwundert daher nicht, dass sich in der Sammlung des Hausmuseums Villa Freischütz in Obermais viele jener privaten Darstellungen finden, die meist Greve-Lindaus zweite Ehefrau Zoila Fromm zeigen. Die gemeinsam bewohnte Dachwohnung in der Villa von Greve-Lindaus Onkel Franz Fromm dient dabei oftmals als Kulisse.

Als Ergänzung zur Ausstellung „Herzkammerkunst: der Maler und Grafiker Georg Greve-Lindau (1876-1963)“, die den zweiten Teil der Ausstellungsreihe „Augen auf! Die Villa Freischütz und ihre Kunstschaffenden“ markiert, präsentiert die Stiftung Navarini-Ugarte im Rahmen eines vom Amt für Museen und museale Forschung unterstützten Projekts eine Auswahl von Greve-Lindaus Aktdarstellungen aus der Sammlung der Villa Freischütz.

Titelbild: Liegender Rückenakt, Georg Greve-Lindau, 1930er-Jahre (Stiftung Navarini-Ugarte - Villa Freischütz)

Badende

Das Gemälde zeigt drei unbekleidete weibliche Figuren am Ufer eines Sees. Die linke Figur wird als sitzender Rückenakt dargestellt, die rechte als stehende, leicht nach recht gedrehte Ganzfigur. Sie hält in ihren Händen ein weißes Badetuch und wird von einem Baum hinterfangen, der fast die gesamte rechte Bildhälfte ausfüllt. Im Mittelgrund ist die dritte Figur in Frontalansicht bis zur Taille im Wasse stehend zu sehen. Die Haare hat sie mit einer weißen Haube bedeckt.
Der Hintergrund offenbart jenseits des gegenüberliegenden Ufers den Blick auf mehrere mittelhohe Berge.

Objektbezeichnung:
Gemälde
Inventarnummer:
GGL-K-0038
Datierung:
1934
Material:
Karton
Technik:
gemalt (Öl)
Institution:
Villa Freischütz
Maße:
Höhe 24.5 cm, Breite 31 cm
Historische-kritische Angaben:
Auch wenn Greve mit den Badenden ein beliebtes Motiv der Moderne aufgreift, behält er die üppige Formgebung der Körper bei und setzt im Gegensatz zu den Expressionisten nicht auf eine geometrische Auflösung der Form. Er vvermeidet harte Konturen und verdeckt den Schambereich oft durch Gesten oder wie in diesem Fall mit einem geschickt platzierten Tuch. Der akademisch geschulte Blick für die Anatomie des Körpers bleibt ebenso sichtbar wie die Aufteilung der Bildfläche in drei Ebenen. Auch dies unterscheidet ihn von den Expressionisten, die auf zweidimensionale Flächigkeit setzten. (Vgl. Kästner, S. 97 f.)
Unter den Werken, die Greve seinem Cousin Paco Fromm widmete oder die er ihm zu besonderen Festtagen schenkte, befinden sich auffallend viele Aktdarstellungen. Greve wusste wohl um die besondere Vorliebe Pacos für dieses Sujet.

 

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