Landkarten: Die Erfassung der Welt in der Neuzeit
Wie sah die Welt oder eine spezielle Gegend, wie sahen verschiedene Länder und Städte vor vielen Jahren aus? Dieser Frage können Sie - zumindest teilweise - anhand der über 900 Landkarten aus der Sammlung des Museumsvereins Bozen nachgehen. Darunter finden sich Weltkarten, topografische Landkarten, Wandkarten, stumme Karten, Spezialkarten und Stadtpläne vor allem aus Europa, aus Tirol und aus der ganzen Welt.
Die historischen Landkarten des Museumsvereins Bozen umfassen vor allem Karten aus der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Sie stellen eine Sammlung verschiedenster geographischer Karten dar, die im Rahmen der Inventarisierungs- und Katalogisierungsarbeit nun auch im Internet über dieses Portal sichtbar sind und im Stadtmuseum Bozen verwahrt werden. Landkarten bilden die reale Welt in verkleinertem Maßstab ab. Dabei wird der Karteninhalt vereinfacht, damit die Karte lesbar und verständlich bleibt. Bilder, Symbole und Signaturen ersetzen die wirklichkeitsgetreue Abbildung und unter den zahlreichen Informationen muss ausgewählt, zusammengefasst und Wichtigerem der Vorzug gegenüber Unwichtigem gegeben werden.
Eine weit verbreitete Methode für die Wiedergabe von Reliefs ist die Seitenansicht, die sogenannte „Maulwurfshügelmanier“. Diese schematische Aufrissdarstellung zeigt die Erhebungen in Form gerundeter Bergkuppen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Gestalt und Lage der Berge. Sie wird bereits im 16. Jahrhundert, häufiger ab dem 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als einzige Darstellungsform für das Relief der Erde verwendet. Später werden Reliefs vor allem durch Schraffen, Höhenlinien und farbige Höhenstufen dargestellt. Durch neue Entwicklungen in der Landvermessung wird die Darstellung und Genauigkeit der Landkarten verbessert, sodass bereits im 18. Jahrhundert sehr exakte Landkarten angefertigt werden, die kaum mehr Fehler in der Lokalisierung der Ortschaften aufweisen. Frankreich, Belgien, die Habsburgermonarchie und seit 1806 auch Preußen arbeiten an flächendeckenden Kartenwerken in einem einheitlichen Maßstab. Diese Generalstabskarten sind zwar in erster Linie für militärisch-operative Zwecke bestimmt, haben aber wegen ihrer Genauigkeit auch für das gesamte Wirtschafts- und Kulturleben eine hohe Bedeutung.
Die Geschichte der Landkarten ist eng mit der Entwicklung der Reproduktionsverfahren verbunden. Der Kupferstich ist lange Zeit – vom 16. bis zum 18. Jahrhundert – die dominierende Technik. Oft sind die Landkarten reich verzierte Kunstwerke mit prächtig kolorierten und üppig geschmückten Titelkartuschen. Ab dem 19. Jahrhundert wird bei der Kartenherstellung zunehmend Wert auf geografische Genauigkeit und Wissenschaftlichkeit gelegt und die dekorativen Elemente verschwinden mehr und mehr. Auch die Druckverfahren ändern sich: der Stahlstich (seit ca. 1820) eignet sich für sehr hohe Auflagen, hat jedoch den Nachteil, dass keine Plattenkorrekturen vorgenommen werden können. Er wird daher seit der Entwicklung des Kupferstichs in Verbindung mit Galvanoplastik nur noch selten angewandt. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts setzen sich dank der Lithografie mehrfarbig gedruckte Karten durch. Diese Reproduktionstechnik ermöglicht den Druck von kostengünstigen und anschaulichen Karten. Es entstehen neue Arten wie thematische Karten zur Illustration wissenschaftlicher Untersuchungen z.B. zum Anzeigen von Bevölkerungsdichte oder Niederschlagsmengen, Geschichtskarten, geologische Karten oder Kriegskarten mit Darstellung der Truppenbewegungen während des Ersten Weltkriegs.
Von den „Altkarten“, wie die Kartenwerke auf Papier vor 1850 genannten werden, über die lithographischen Karten bis zur umfassenden Digitalisierung der letzten Jahrzehnte hat sich dieses Medium stark entwickelt. Es steht heute jedem in Form von Applikationen über mobile Endgeräte häufig kostenlos zur Verfügung und wurde zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel unseres Alltags.
Kuratorin: Renate Brenn Rammlmair - Museumsverein Bozen
General-Karte des Oesterreichischen Kaiserstaates mit einem grossen Theile der angrenzenden Länder seiner Kaiserl. Königl. apostolischen Majestät Franz Josef dem Ersten Kaiser von Oesterreich, &.&.&. in allertiefster Ehrfurcht gewidmet. Im K.K. Militärisch-Geografischen Institute.
Die hier vorliegenden Karten zeigen die österreichische Monarchie mit den anliegenden Ländern: im Süden bis Korsika, Mittelitalien, Albanien und Bukarest und im Norden bis Frankfurt, Dresden und Lemberg.
Das Kartenwerk besteht aus 20 Blätter (10069-01 bis 10069-20), einer kleineren Übersichtskarte (10069-21) und einer blauen Mappe aus Karton, die auf allen Seiten mit Baumwollbändern zusammengebunden wird (10069). Das 20. Blatt enthält den Titel und im Zentrum einen von J. Haselwalder gezeichneten Stich, der Personifikation der Geografie mit Globus und Landkarten umgeben von geografischen Messgeräten, Druckgeräten und einer Säule mit der Büste des jungen Kaisers.
Jede Karte mit ornamentaler Blattwerkbordüre und Kartennummer in einer kleinen ovaler Kartusche im oberen Bordürenrahmen, Schraffen, Höhenangaben, Maßstab und Meilenzeiger.
Blatt 19 mit Legende, Abkürzungsverzeichnis, 6 zusätzlichen Meilenzeigern und Statistiken zu Flächen, Inhalt, Wohnorten und Bevölkerung.
- Objektbezeichnung:
- Landkarte
- Inventarnummer:
- 10069
- Hersteller:
- Scheda, Joseph Ritter von; Haselwander, J.; Bruckl, Friedrich
- Datierung:
- 1856
- Material:
- Papier, Karton, Baumwolle
- Technik:
- gedruckt (Stahlstich)
- Institution:
- Museumsverein Bozen
- Maße:
- Karten Breite 57.3 cm, Karten Höhe 50.6 cm, Übersichtskarte Breite 32.5 cm, Übersichtskarte Höhe 24.8 cm, Mappe Breite 59 cm, Mappe Höhe 52 cm
- Schlagwort:
- Europa
- Historische-kritische Angaben:
-
Die Karten der von Scheda geschulten Mitarbeiter zeichnen sich insbesondere durch außerordentliche Klarheit und Schärfe und durch bemerkenswerte Plastik der Geländedarstellung aus. Bei der Wiedergabe des Geländes mittels Schraffen gelang es Scheda, den Eindruck von Schablonenhaftigkeit zu vermeiden und eine starke plastische Wirkung zu erzielen.
Unter den Blättern im Inneren der Mappe fand sich ein Stich mit dem Portrait von Ottokar Lorenz von W. Ungerer. ("AET SVUE LII / A.D. MDCCCLXXXV / Gewidmet von seinen dankbaren Freunden und Schülern zum Abschied von der Wiener-Universität 1885"). Der Stich hat mit dem Kartenwerk nichts zu tun.
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