Kulturgüter in Südtirol

Rete Civica dell’Alto Adige - Il portale della Pubblica Amministrazione

Muratti Ariston

Flache, rechteckige Zigarettenschachtel mit Stülpdeckel, der auf einer Längsseite über eine Papierlasche mit der Schachtel verbunden ist. Der Deckelhintergrund ist diagonal in die zwei Farben dunkelblau und rot geteilt. Darüber prangt der in Gold gehaltene Schriftzug „Muratti Ariston Gold“. Oberhalb davon ist das Firmenlogo mit Krone abgebildet, unterhalb des Markennamens folgt ein blauer Schriftzug mit der Firmenbezeichnung „Cigarettenfabrik Muratti A.G. Berlin“ auf goldfarbenem Hintergrund. Dieselben Embleme und Schriftzüge finden sich auf der Deckelinnenseite wieder. Auf der Deckelfalz vorne stehe „24 Muratti Cigaretten“.

Objektbezeichnung:
Schachtel
Inventarnummer:
1798
Datierung:
1900 - 1924
Material:
Karton, Papier
Technik:
bedruckt
Institution:
Museum für Alltagskultur
Maße:
Länge 10.4 cm, Breite 7 cm, Höhe 1.7 cm
Historische-kritische Angaben:
Die in Manchester beheimatete Zigarettenfabrik B. Muratti Sons & Co. betrieb seit 1906 in Berlin eine Zweitniederlassung. 1914 entstand daraus die „Cigarettenfabrik Muratti A.G., Berlin“. Die griechischen Firmenbesitzer verarbeiteten der damaligen Orientzigaretten-Mode entsprechend, Tabak aus dem Osmanischen Reich. Muratti Ariston galt als besonders prestigeträchtige Zigarettenmarke im Rang eines Statussymbols, weshalb die Konsumenten die Zigarettenschachtel in den Cafés und Lokalen gerne und möglichst auffallend auf den Tischen platzierten.

Die bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa nahezu unbekannte und ursprünglich als ein Abfallprodukt der Zigarrenproduktion entstandene Zigarette passte hervorragend zum Zeitgefühl des frühen 20. Jahrhunderts. Sie wurde im Gegensatz zur Zigarre des bedächtigen Genießers der damals stark propagierten Schnelllebigkeit zugeschrieben - ein Lebensgefühl, das beispielsweise in der Kunst besonders im Futurismus einen Ausdruck fand. Zudem entwickelte sich die Zigarette als eine für alle Bevölkerungsschichten erschwingliche Rauchdroge, die auch durch den zunehmenden Stress- und Leistungsdruck der Arbeitswelt als Entspannungshilfe reißenden Absatz fand. Für den Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg war sie ohnehin unverzichtbar. Und so galten Zigaretten generell als ausgesprochen gesellschaftsfähig und gehörten sowohl als leistbare Droge der Arbeiterklasse, aber auch als standesgemäßes Genussmittel der gehobenen Gesellschaft gewissermaßen zum „Guten Ton“ der Zeit. Frauen in den 1920er-Jahren entdeckten Zigaretten zudem als Ausdruck ihres emanzipierten Selbstverständnisses.

Zwei Zeitungsartikel der Innsbrucker Nachrichten liefern interessante Einblicke zum zeitgenössischen Zigarettenkonsum. So heißt es in der Ausgabe Nr. 42, vom 25. Jänner 1916 auf S. 5: „In unserer gestrigen Abendausgabe wiesen wir auf den Erlaß des Generals Gaede in Elsaß hin, der die Verabfolgung von Tabak und Streichhölzern an Jungen unter 16 Jahren verbietet. Die Dringlichkeit eines solchen Erlasses bei uns ergäbe sich eigentlich schon aus dem derzeit bestehenden großen Mangel an Zigaretten, denn die jungen Leute in diesem Alter sind die stärksten Konsumenten an Zigaretten.“ (Morscher 2014, S. 67)

Ebenfalls um Zigaretten dreht sich der Artikel auf S. 5 der Ausgabe Nr. 154 vom 31. März 1916: „Infolge des empfindlichen Mangels an Zigarren und Zigaretten für die Soldaten-Versorgung hat sich das k.u.k. Kriegsfürsorgeamt Bozen-Gries jüngst an das Wiener Kriegsfürsorgeamt und an Fürsorgestellen verschiedener Kronländer mit der Bitte um Aushilfe gewendet und bisher aus Wien und Graz größere Vorräte an Zigaretten erhalten. Dadurch war es dem k.u.k. Kriegsfürsorgeamt Bozen-Gries möglich, in den letzten Tagen einen Transport von Zigaretten nach den Stellungen am Col di Lana abgehen zu lassen, was den heldenmütigen Verteidigern dieses kampfumtobten Berggipfels sicherlich große Freude bereitet hat.“ (Morscher 2014, S. 72)

Quelle: Lukas Morscher, Tiroler Alltagsleben im Ersten Weltkrieg (Innsbruck-Wien 2014).

 

Ausgewählte Objekte

Kein Objekt vorhanden...