Kulturgüter in Südtirol

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Reisepass

Reisepass Nr. 498, ausgestellt auf Zanotti Appolonia. Das Dokument umfasst 16 Innenseiten, der Formularvordruck ist doppelsprachig in Deutsch und Italienisch ausgeführt. Der Pass ist „im Namen Seiner Majestät Karl, Kaisers von Österreich, Königs von Böhmen usw. und Apostolischen Königs von Ungarn – in Nome di sua maestà Carlo, Imperatore d’Austria, Re di Boemia ecc. e Re Apostolico d’Ungheria“ ausgestellt.

Laut den Einträgen im Reisepass war die am 2. Juli 1850 in „Welschmetz“ [Mezzolombardo] geborene Zanotti Apollonia Besitzerin in Neumarkt. Der in Bozen am 4. März 1918 und von der k.k. Bezirkshauptmannschaft ausgestellte Reisepass galt für Reisen im Inland und hatte eine Gültigkeit von sechs Monaten. Der handschriftlich eingetragene Grund für die Ausstellung des Reisepasses ist auf Seite sechs angeführt und lautet: „Wegen Krankheit zu Angehörige nach Brixen“. Darunter folgt der Stempel: „Berechtigt zum Verlassen des südw. engeres Kriegsgebietes sowie die Rückkehr nach Neumarkt, jedoch nur mit Bewilligung der k.u.k Passierscheinstelle Fg. 1008. Gilt bis zum 4. April 1918.“ Es folgen das Ausstellungsdatum und der Stempel samt Unterschrift der Stadthalterei Bozen.

Objektbezeichnung:
Reisepass
Inventarnummer:
2114
Datierung:
1918
Institution:
Museum für Alltagskultur
Maße:
Höhe 14.5 cm, Breite 10 cm
Historische-kritische Angaben:
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde das gerade erst in Mode gekommene Reisen zu einem äußerst komplizierten Unterfangen. Die Personenbeförderung mit der Eisenbahn wurde auf ein Minimum beschränkt, da die Bahn vor allem dem Militär zur Verfügung stehen sollte. So vermelden etwa die Innsbrucker Nachrichten, Nr. 268 vom 23. November 1917 auf S. 3: „In den Tagesblättern wurde das Publikum ersucht, Reisen möglichst zu vermeiden, um die Eisenbahn in Erfüllung ihrer Pflicht der Armee im Felde gegenüber auf diese Weise zu entlasten. Da heute bei den Verpflegsschwierigkeiten auswärts das Reisen ohnedies kein Vergnügen ist, ist dieses Entgegenkommen ohneweiters zu erwarten. (…).“

Bereits ab September 1915 wurden die Einreisebestimmungen nach Südtirol sehr restriktiv. In das engere Kriegsgebiet durften nur mehr Personen mit einer Ausnahmegenehmigung reisen. Wie der Reisepass von Zanotti Apollonia zeigt, bedurfte es auch für die Reisen innerhalb des Landes einer solchen zeitlich beschränkten Ausnahmegenehmigung. Überhaupt herrschte auf den Bahnhöfen eine ganz eigene Atmosphäre, da die Bahn der militärischen Verwaltung unterlag. Bahnsteige waren dem nichtreisenden Publikum gänzlich verschlossen und auch für Zivilreisende nur beschränkt zugänglich.

Wie der Vorsitzende des Klubs tschechischer Touristen, Jiří S. Guth-Jarkovský, in seinen Aufzeichnungen der Jahre 1915-1917 schildert, veränderte die Kriegslage auch das Verhalten der Reisenden innerhalb der Bahnabteile: „Auch fällt die gesellschaftliche Rücksicht weg insofern, dass wer auf längere Reisen sich begibt, sich nicht auf die Bahnhofsgaststätte verlässt und ohne Bedenken seine Brotscheiben auspackt und in ein Stück Wurst, Salami oder Miniräucherwurst beißt. Wogegen sonst, wenn schon jemand sich entschlossen hatte, sich mit seinem Vorrat im Abteil auszubreiten, die Mitreisenden diese nicht beachteten oder weggingen, um den Gestank der hartgekochten Eier oder anderer noch weniger angenehmer Speisen nicht einatmen zu müssen. Jetzt da jeder heimlich oder ohne Verstecken die Brotqualität und die Wurstgröße begutachtete, und das Gespräch sich um Mehl, Butter und Speisen überhaupt dreht (…).“

Quelle:
Kristiýna Kosinová; Der Tschechische Tourismus während des Großen Krieges und die Persönlichkeit von Jiří S. Guth-Jarkovský, S. 421-443. In: Patrick Gasser, Andrea Leonardi, Gunda Barth-Scalmani (Hrsg.) Krieg und Tourismus im Spannungsfeld des Ersten Weltkrieges, Studienreihe des Touriseum, Band 5 (Innsbruck, Wien, Bozen 2014).

 

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