Kulturgüter in Südtirol

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Authentic News of Invisible Things (Kids)

Ed. 1/3

Farbfotografie (Pigmentdruck auf Barytpapier) mit der Abbildung zweier Kinder in Rückenansicht, die einen italienischen Militärpanzer im Zentrum von Bozen betrachten.
Das Foto dokumentiert eine Performance der Künstlerin, als sie ohne Ankündigung einen echten Panzer durch das Zentrum Bozens fahren lies. Der Panzer hat nur eine kurze Strecke zurückgelegt: er ist immer wieder stehen geblieben, um auch dem zerstreutesten Passanten seine Präsenz deutlich zu machen. Das Ganze wurde von verschiedenen verborgenen Kameras aufgenommen (siehe Video Inv.Nr. Museion FCR19).

Objektbezeichnung:
Fotografie
Inventarnummer:
FCR18
Hersteller:
Martino, Rä di
Sammlung:
Sammlung Stiftung Südtiroler Sparkasse
Datierung:
2014
Dargestellter Ort:
Bozen
Material:
Farbpigment, Barytpapier
Technik:
fotografiert (Farbfotografie), gedruckt
Institution:
Stiftung MUSEION. Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen
Maße:
Werk Höhe 112 cm, Werk Breite 165 cm
Historische-kritische Angaben:
Wie viel Wahrheit steckt in einer Inszenierung?
Es gibt sie aus Holz oder Leinwand, oft sogar von Hand gemalt. Im Militärjargon nennt man sie dummy tanks, Panzerattrappen, die in den beiden Weltkriegen eingesetzt wurden, um den Gegner zu täuschen und auch heute noch zum taktischen Arsenal gehören. Die Verwendung von dummy tanks stellt eine ungewöhnliche Verbindung zur Illusionsmaschine Kino her: Während man für die Kriegsführung 'Bühnenbilder' mit 'falschen' Panzern einrichtet, greift das Kino auf echtes Kriegsgerät zurück. Dieser faszinierende Kurzschluss von Wirklichkeit und Fiktion ist der Ausgangspunkt für die Arbeit von Rä di Martino, die zwei neue Videos, die in Bozen gedreht wurden (Inv.Nr. Museion FCR19), und eine Farbfotografie umfasst. Die Aufdeckung der Widersprüche zwischen Wirklichkeit und Fiktion, die Hinterfragung der Geschichte und des kollektiven Gedächtnisses, einerseits der Rückgriff auf historisches Archivmaterial, andererseits und ein Filmset – das sind Elemente, mit denen Rä di Martino arbeitet.
Ein Video stellt ein 1918 entstandenes Archivfoto aus dem Imperial War Museum in London nach, auf dem Zivilisten abgebildet sind, die auf einer Straße eine Panzerattrappe anschauen. Während der Betrachter dieses Fotos in die französische Stadt Lille unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs versetzt wird, zeigt das Video von Rä di Martino eine Straße in Bozen fast 100 Jahre später, auf der Komparsen in historischen Kostümen ebenfalls einen 'falschen' Panzer betrachten. Die Präsenz der Attrappe hat in dieser inszenierten Situation nichts Verstörendes – auch weil die Schwarz-Weiß-Bilder einen Sicherheitsabstand zwischen dem Betrachter und der komponierten Bilderfolge herstellen. Und es ist genau diese Distanz, die das zweite Video auflöst: Hier sieht man einen echten Panzer im Zentrum von Bozen. Das ist keine Fiktion und hier treten keine Komparsen auf. Die Künstlerin filmt die Reaktionen der Passanten, an denen diese Kriegsmaschine aus Stahl heute vorbeirollt - vielleicht im Bewusstsein der Tatsache, dass Bozen ein Sitz der italienischen Rüstungsschmiede Iveco Defence Vehicle (Iveco DV) ist.
'Wer heute in unseren Städten Kriegsgerät vorbeifahren sieht, denkt sicher nicht daran, dass ein Krieg ausgebrochen ist, auch wenn das in Ländern, die geographisch gar nicht so weit entfernt liegen, durchaus der Fall ist', stellt Rä di Martino fest, als wolle sie andeuten, dass diese Inszenierung auch eine 'andere' Wahrheit vermitteln könnte. Es ist schließlich kein Zufall, dass das Werk den Titel 'Authentic News of Invisible Things' ('Authentische Nachrichten unsichtbarer Dinge') trägt – eine Adaption von Versen des englischen Dichters William Wordsworth. Mit diesem ständigen Wechsel sowohl zwischen Wirklichkeit und Fiktion als auch zwischen Geschichte und Gegenwart erzählt Rä di Martino im Museion historische Ereignisse verblüffend neu.
(Ausstellung "Rä di Martino, Authentic News of Invisible Things", Museion Project Room, 26.09.2014 - 11.01.2015)

 

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