Blasebalg
Der Blasebalg des Bestäubungsgerätes besteht aus zwei hölzernen Flügeln mit rundem Blatt und Stielgriff, die über eine dehnbare Lederhaut verbunden sind. Auf einem der Flügel ist das rechteckige Magazin angebracht, das durch ein feines Sieb in zwei Fächer geteilt ist. Das Magazin verfügt an der Oberseite über eine runde Öffnung, durch die das Bestäubungsmittel nachgefüllt werden konnte. In das untere Fach des Magazins mündet ein Verbindungsrohr, das über den Blasebalg betrieben wird und durch dessen Ausstoß das Bestäubungsmittel in das flach ausgeformte Mündungsrohr mit breiter Endung getrieben und dabei auf die Weinrebe gestäubt wird. An der Schauseite eines der hölzernen Blasebalgflügel sind die Initialen „M C“ eingebrannt.
Verwendung:
Mit dem Blasebalg wurde Schwefelstaub auf die untere Blattseite der Pergl gesprüht, um damit den „Echten Mehltau“, einen Schimmelpilz, zu bekämpfen. Bei frühen Schwefelblasebälgen war das Magazin noch am Mündungsrohr angesetzt, wie unter anderem eine kolorierte Illustration auf einem Ehrendiplom aus dem Jahr 1862 zeigt. Das Diplom wurde dem Bozner Weingutbesitzer Ludwig von Comini-Sonnenberg (1814-1869) für seine Verdienste um die Bekämpfung des Echten Mehltaus verliehen. Später wurde das Magazin wie bei dem vorliegenden Exemplar zurückversetzt, wodurch das Gerät wesentlich besser gehandhabt werden konnte. Die Magazine der Geräte fassten weniger als einen halben Kilo Schwefel, weshalb der damit beauftragte Arbeiter in einem eigenen umgegürteten Behälter stets einen Schwefelvorrat zum Nachfüllen bei sich tragen musste.
Um 1900 kam im Trentino eine neue Variante der Geräte zum Einsatz, die eine wesentliche Verbesserung darstellten. Diese Rückentragegebläse fassten nunmehr an die 15 kg Schwefel, das Gebläse war im Behälter angebracht, der Blasebalg wurde über einen Hebelarm mit einer Hand bedient und das Schwefelpulver durch einen Gummischlauch in das metallene Mündungsrohr getrieben.
- Objektbezeichnung:
- Blasebalg
- Inventarnummer:
- 00104
- Datierung:
- 1866 - 1899
- Material:
- Holz, Eisen, Leder
- Institution:
- Hoamet Tramin - Museum
- Maße:
- Länge 68 cm
- Historische-kritische Angaben:
-
Im 19. Jahrhundert erreichten drei für den Weinbau verheerende Schädlinge aus Nordamerika den europäischen Kontinent. 1845 der „Echte Mehltau“, ein Schimmelpilz, der mit Schwefelstaub bekämpft wurde; 1878 der „Falsche Mehltau“, eine Blattkrankheit, gegen die eine Kupfervitriol- und Schwefelbrühe in Verbindung mit Kalk zum Einsatz kam und 1872 die Reblaus, die die Wurzeln der Rebstöcke zerstört.
Der so genannte „Echte Mehltau“ (Oidium Tuckeri) überzog die grünen Teile der Rebe mit einem weißen Schimmelbelag, der auch die Beeren in ihrer Entwicklung hemmt, sie springen auf und verkümmern. Im Juni 1851 erkannte Ludwig con Comini-Sonnenberg (1814-1869) erste Anzeichen der eingeschleppten Traubenkrankheit in einem seiner Weingüter im Bozner Boden. Die rasche Verbreitung der Krankheit führte in der Folge zu großen Missernten. Bereits 1852 hatte ein Botaniker zur Anwendung von Schwefel geraten, wie ihn englische Gärtner bei der Bekämpfung von Oidium auf den Reben ihrer Glashäuser einsetzten. In den folgenden Jahren führte Comini mit weiteren Mitstreitern zahlreiche Versuche durch. Die Bestäubung mit pulversiertem Schwefel, der aus Neapel beschafft wurde, sollte erfolgen, sobald die ersten Blätter sich entfaltet haben. Bereits 1860 konnte Comini über die guten Erfolge mit Schwefel als wirkungsvolles Heilmittel gegen die Traubenfäule berichten. Zahlreiche Bauern blieben skeptisch und wollten nicht „dem Herrgott den Schwebl in die Augen blosn“. Der Schwefelapostel Comini gebrauchte daraufhin in einem offenen Schreiben an die Weingutbesitzer offene Worte: „Diejenigen, die alle Hilfe mit nicht zu besiegendem Blödsinn von sich weisen, für die schreibe ich nicht“.
Ludwig von Comini-Sonnenberg wurde 1861 wegen seiner Verdienste um den Weinbau zum Ehrenbürger der Gemeinde Algund ernannt. 1864 überreichten ihm die Gemeinden Zwölfmalgreien, Gries, Eppan, Girlan, St. Pauls, Tramin und Meran als Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit einen silbernen Ehrenpokal. 1946 benannte die Stadt Bozen eine Straße nach Ludwig von Comini.
Literatur: Matthias Ladurner-Parthanes, Vom Perglwerk zur Torggl (Bozen 1972), S. 113-117.
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