Trau dich! Coraggio! Infidete!
Eine virtuelle Ausstellung des Amts für Museen und museale Forschung
Sich ein Herz fassen, allen Mut zusammennehmen, und den Schritt wagen – ins Neue, ins Unbekannte, vielleicht gar ins Gefährliche. Kraft sammeln, noch einmal tief durchatmen, den Blick heben, und: Etwas versuchen. Energie sammeln für das Fremde, die Koffer packen, einen Glücksbringer mitnehmen, und guten Mutes aufbrechen. Doch wie?
Diesem Thema widmet sich das Amt für Museen und museale Forschung in seiner ersten gemeinsamen Ausstellung der Einrichtungen, welche die Museumsdatenbank des Amtes verwenden und ihre Kulturgüter und musealen Objekte im Online-Katalog der Kulturgüter Südtirol veröffentlichen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 18 Einrichtungen im Lande – von privaten Museen über Stadtmuseen, zu Archiven, Stiftungen und Landesmuseen, vom Westen in den Osten Südtirols – haben sich in ihren Depots auf die Suche begeben, in den Bestandskatalogen recherchiert und ganz unterschiedliche Objekte vorgeschlagen.
Das Ergebnis ist eine vielfältige Schau, die besondere Schätze zusammenbringt und gemeinsam online zugänglich macht. Es sind Objekte, die oft hinter dicken Mauern und in klimatisierten Archivräumen lagern und selten in den Dauerausstellungen Platz finden. Zu sehen sind Zeugnisse von Ideen, von Versuchen der Veränderung, Dokumente des wirtschaftlichen Aufbruchs und des wissenschaftlichen Fortschritts neben Zeichen der Volksfrömmigkeit und der Suche nach Beistand in schweren Situationen. Sie berichten vom Mut, aufzubrechen, umzugestalten, aufzufallen, sie dokumentieren aber auch jene gewisse Hilflosigkeit, die in manchen Situationen überhandzunehmen droht.
Die ältesten Objekte stammen aus dem 17. Jahrhundert, das jüngste ist um die Jahrtausendwende entstanden – Objekte, die ohne die Möglichkeiten des digitalen Raumes wohl nicht zueinander gefunden hätten. Königinnen gesellen sich zu Mägden, fahrenden Händlern und Heiligen, Theaterkostüme zu Skulpturen, Amulette zu Werbefotografien, Schuhe zu Malereien. Die Ausstellung erzählt die Geschichten einer Bäuerin aus Dorf Tirol, eines Bischofs in Brasilien und eines Bergarbeiters aus den Abruzzen. Einmal überstrahlt der Lebenswille eines Kunstwerks alle widrigen Umstände, ein anderes Mal demonstriert ein Dackel. Andere Objekte dokumentieren künstlerische Meilensteine und Inspiration für Generationen und zeigen die umfangreiche Sammlungspolitik der Einrichtungen auf. Wir laden dazu ein, durch die Ausstellung zu blättern, sich inspirieren zu lassen und Kraft zu sammeln, Mut zu fassen und Schwung zu holen.
Die Ausstellung wurde von Notburga Siller vom Amt für Museen und museale Forschung kuratiert. Gemeinsam mit Stefania Mani vom selben Amt betreut sie die Museen und Einrichtungen, welche das vom Amt angebotene Katalogisierungsprogramm nutzen, um ihre Bestände und Sammlungen zu erschließen und online zugänglich zu machen. In der Datenbank befinden sich knapp 370.000 Datensätze von mehr als 45 verschiedenen Einrichtungen, der größte Teil davon ist zur Recherche hier im Katalog der Kulturgüter in Südtirol veröffentlicht.
Titelbild: Südtirol Tourismuswerbung (Ausschnitt), Amt für Film und Medien, Autonome Provinz Bozen-Südtirol
Porträt des Londer Tondl
Porträt des Londer Tondl (Bruststück im Dreiviertelprofil). Dieser war ein Obsthändler, dessen Birnen angeblich aus London kamen.
Seinen Spitznamen musste sich der „Londer Tondl“ hart erarbeiten. Das „Londer“ im Namen bezieht sich schließlich auf die britische Hauptstadt London, der der Wanderhändler Ende des 19. Jahrhunderts gleich mehrfach einen Besuch abgestattet hatte – zu Fuß, versteht sich. Auf seinem Karren führte er dabei all die Waren aus seinem Heimattal mit, die er auf dem britischen Markt abzusetzen hoffte, die Heimfahrt trat er mit einer Ladung Birnen an, die er wiederum in Gröden verkaufte. Der „Londer Tondl“ war demnach eines jener Originale, die es dem Grödner Kunstmaler Josef Moroder Lusenberg (1846-1936) von jeher angetan hatten.
Über das Gesichter des Porträtierten alten Mannes bekommt man Einblick in seinen Charakter seiner Geschichte und Stimmungslage im Moment des Porträtierens.
Den „Londer Tondl“ stellt der Künstler extrem nüchtern dar, der neutrale Hintergrund unterstreicht die vollen Farben, die der Maler mit ausfransenden Pinselstrichen aufgebracht hat. Das wird besonders augenscheinlich, wenn man die an den Seiten leicht struppigen Haare oder das Rot des Halstuchs auf sich wirken lässt. Der Blick des „Londer Tondl” – sein Familienname ist nicht überliefert - geht in die Ferne, als ob er sich bereits der Gefahren einer nächsten Reise nach England bewusst wäre – genauso wie der Tatsache, dass ein so anstrengendes Leben auch gesundheitlich Tribut fordern werde. Auch das Licht-Schatten-Spiel nutzt der Maler schließlich meisterhaft, um Aussehen und Ausdruck des alten Wanderhändlers noch stärker und realistischer hervorzuheben.
Das Werk ist gleich doppelt signiert, und zwar einmal oben rechts, ein zweites Mal über der linken Schulter des Porträtierte, wo auch die Jahreszahl 1877 und der Name „Londer Tondl“ vermerkt sind.
- Objektbezeichnung:
- Gemälde
- Inventarnummer:
- 00166
- Hersteller:
- Moroder, Josef Theodor (Lusenberger)
- Datierung:
- 1877
- Material:
- Ölfarbe, Karton
- Technik:
- gemalt
- Institution:
- Museum Gherdëina
- Maße:
- Höhe 34 cm, Breite 25 cm, Rahmen Höhe 43.5 cm, Breite 34.5 cm
- Historische-kritische Angaben:
-
"Moroder Lusenberg schuf unzählige Porträts, viele davon waren Auftragsarbeiten und dementsprechend künstlerisch wenig anspruchsvoll - der Maler selbst betrachtete die Arbeit daran als reinen Broterwerb. Es finden sich aber auch zahlreiche Studien und Charakterbilder, geschaffen aus rein künstlerischem Antrieb."
(Eva Gadner in: Josef Moroder Lusenberg (1846-1939), Bera Sepl da Jumbierch, Südtiroler Kulturinstitut, Bozen 2009, S. 66)
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