Archivale des Monats
August 2013: Eine Bruderschaftsrechnung der St.-Sebastians-Bruderschaft in Gais
Kirchenrechnungen des Tauferer Tales und Ahrntales, von Salurn und Brixen
Im späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit entstanden mit Erlaubnis der Kirche zahlreiche Bruderschaften zur Belebung des religiösen Lebens. Solche Vereinigungen, die teilweise auch Frauen offen standen, widmeten sich unter der Leitung eines Seelsorgers Werken der Frömmigkeit und Nächstenliebe.
Durch Spenden der Mitglieder - in Form von Geld oder auch Vieh und Getreide - sowie durch Vermächtnisse verstorbener Mitglieder brachten es die Bruderschaften auf beträchtliche Einnahmen. Das Kapital wurde vor allem für Messen, Kerzen, Prozessionsgegenstände oder liturgische Gewänder ausgegeben, aber auch an Bedürftige verteilt oder als Kredit mit niedrigem Zinssatz an Mitglieder vergeben. Jede Vereinigung wählte einen Brudermeister, der über die jährlichen Einnahmen und Ausgaben Buch führte und am Ende einer Rechnungsperiode vor der weltlichen und geistlichen Obrigkeit die Bruderschaftsrechnung vorlegte. Der hier vorgestellte Rechnungsauszug der 1667 gegründeten St.-Sebastians-Bruderschaft in Gais aus dem Bestand „Kirchenrechnungen des Tauferer Tales und Ahrntales, von Salurn und Brixen" stammt aus dem Rechnungsbuch der Bruderschaft, in dem die jährlichen Rechnungen von 1669 bis 1689 verzeichnet sind. Wie die St.-Sebastians-Bruderschaft wurden im 17. und 18. Jahrhundert zahllose weitere Bruderschaften gegründet.
Mit Dekret vom 24. November 1783 aber wurden im Zuge der josephinischen Reformen alle Bruderschaften aufgelöst oder in eine einzige mit dem Namen „Von der christlichen Nächstenliebe" einverleibt. Das gesamte Vermögen der Vereinigungen wurde eingezogen. Schon 1790 wurden die Reformen auf Grund des Unmuts der Bevölkerung teilweise rückggängig gemacht. Das Bruderschaftswesen erholte sich aber nur langsam, erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden wieder vermehrt Bruderschaften gegründet.
Evi Pechlaner
PT
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