Archivale des Monats
Februar 2014: Die Handwerksordnung der Maurer und Steinmetzen der Stadt Meran, des Burggrafenamtes und des Vinschgaus
Das Südtiroler Landesarchiv verwahrt unter seinen Beständen eine aus Privatbesitz stammende Handwerksordnung der Meraner Maurer und Steinmetzen aus dem Jahr 1709. Das zwölf Pergamentblätter umfassende Libell mit von Pergament überzogenem Pappeumschlag trägt das an roten Seidenschnüren hängende Majestätssiegel Josephs I. Der Kaiser bestätigte hier am 16. Februar 1709 die bereits zum 25. Juli 1705 genehmigte Handwerksordnung, die in 41 Punkten alle Lebens- und Arbeitsbereiche der Zunftmitglieder regelt.
Bereits seit dem Hochmittelalter schlossen sich Handwerker der verschiedenen Gewerke zu genossenschaftlich organisierten Zünften zusammen. Seit dem späten Mittelalter gaben sie sich eigene Satzungen, in denen bis ins Detail etwa die Ausbildung der Lehrlinge und Gesellen, die Ablegung der Meisterprüfung und die Beziehungen der Meister untereinander geregelt wurde, aber auch ein sittlicher Lebenswandel der Zunftmitglieder gefordert und finanzielle Unterstützung in Notfällen festgelegt wurden. Jedes Zunftmitglied zahlte einen jährlichen Beitrag in die sogenannte Lade - das zentrale Symbol dieser Korporationen -, in der die Zunftordnung, das Bruderschaftsbuch und die Zunftkasse verwahrt wurden. Sie wurde mit zwei Schlüsseln verschlossen, einen verwahrte der Bruder-, den anderen der Büchsenmeister (Zunftmeister). Das Ziel einer Zunft war es, ihre Mitglieder in wirtschaftlicher Hinsicht zu vertreten. Zugleich trug sie auch Züge einer religiösen Bruderschaft, die Werke der Frömmigkeit und Nächstenliebe verrichtete und jedem Mitglied im Falle seines Ablebens ein feierliches Begängnis garantierte.
Die Blütezeit der Zünfte ging im 18. Jahrhundert zu Ende, als vor dem Hintergrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen der Zunftzwang zunehmend gelockert wurde. Mit dem Erlass der Allgemeinen Gewerbeordnung von 1859, die die völlige Gewerbefreiheit garantierte, verloren die Zünfte vollends ihre Funktion.
Evi Pechlaner
MP
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