Archivale des Monats
„Strafexpedition“ – die österreichische Offensive vom Mai/Juni 1916
Sammlung Gunther Langes, Nr. 52
Im späten Frühjahr 1916 startete die österreichisch-ungarische Heeresleitung an der Südwestfront eine Großoffensive mit dem Ziel, den östlich von Trient bzw. Rovereto verlaufenden Frontabschnitt einzudrücken und in die Ebene vorzustoßen, damit die italienischen Nachschublinien zu unterbrechen, die Isonzofront zu entlasten und so hier eine militärische Entscheidung zu erzwingen. Dazu wurden im Vorfeld große Truppenteile von anderen Fronten abgezogen; für die Offensive standen letztlich an die 160.000 Mann zur Verfügung. Da der ursprüngliche Angriffstermin aber wegen eines späten Wintereinbruchs verschoben werden musste, konnten die Italiener, die von den Truppenverlegungen der Österreicher Wind bekommen hatten, ihre Kräfte von 50 auf über 120 Bataillone verstärken.
Am 15. Mai 1916 begannen die k. u. k. Truppen die Offensive an drei Abschnitten, am Pasubio-Massiv, im Gebiet der Sieben Gemeinden und in der Valsugana. Bis Ende Mai erzielten die österreichisch-ungarischen Kräfte zwar taktische Erfolge und Geländegewinne von etwa acht bis zwölf Kilometern, doch gelang der geplante Durchbruch in die Tiefebene nicht – die Schwierigkeiten des hochalpinen Geländes, akute Verpflegungs- und Nachschubprobleme und der harte italienische Widerstand brachten die Offensive bald zum Erliegen.
Bei ihrem Abbruch Mitte Juni standen den 200 Bataillonen der beiden österreichischen Angriffsarmeen rund 300 italienische Bataillone gegenüber. Aufgrund der am 4. Juni an der Ostfront einsetzenden massiven Brussilow-Offensive mussten zudem österreichisch-ungarische Divisionen wiederum rasch dorthin verlegt werden. Eine unklare Befehlsstruktur, mangelhafte Planung im Vorfeld und die zum Teil geringe Hochgebirgserfahrung der Truppen hatten zum Scheitern der von den Italienern als „Strafexpedition“ bezeichneten Offensive geführt. Die Front musste schließlich einige Kilometer auf besser zu verteidigendes Gelände zurückgenommen werden und es begann wieder der zermürbende Stellungskrieg.
Das Archivale des Monats Juni ist eine Aufnahme aus der Sammlung Gunther Langes, die das Landesarchiv 2006 übernehmen konnte. Langes (1899–1972), ein Südtiroler Alpinist, Journalist und Schriftsteller, war als junger Mann an der Dolomiten- und Ortlerfront im Einsatz, wovon u. a. sein autobiographisch gefärbtes Werk „Front in Fels und Eis. Der Weltkrieg im Hochgebirge“ (München 1932, Bozen 172016) handelt.
ep
PT
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