Archivale des Monats

Italienische Ortsnamen werden angebracht – Ein heikles Thema

Archiv Franz Haller, Nr. 301

Schon etliche Jahre vor der Besetzung Südtirols durch italienische Truppen hatte der nationalistische Publizist Ettore Tolomei (1865–1952) wiederholt die italianità des Gebiets zwischen Salurn und Brenner zu belegen versucht und in seinem 1916 im Druck neu vorgelegten Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige für deutsche Orts- und Flurnamen eine – zum größten Teil von Tolomei selbst geprägte – entsprechende italienische Bezeichnung angeführt. Als er im November 1918 nach Bozen kam, um als Leiter des „Kommissariats für die Sprache und Kultur des Alto Adige“ die raschestmögliche Italianisierung aller Ortsnamen und aller Namen von Gast- und Gewerbebetrieben voranzutreiben und damit auch international eine vorgeblich historische Zugehörigkeit Südtirols zu Italien zu demonstrieren, kam es bald zu erheblichen Konflikten mit dem Leiter der Militärverwaltung, General Guglielmo Pecori Giraldi, der gegenüber der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols eine deutlich maßvollere Linie vertrat. Pecori Giraldi hatte sogleich erkannt, dass das Thema der Ortsnamen ein sehr sensibler Punkt war, und mahnte zur Zurückhaltung, namentlich die Italianisierung auch privater Aufschriften, wie Tolomei sie forderte, erachtete er als Eingriff in das Privatrecht. Den ersten Aufruf an die Bevölkerung Südtirols im November 1918, der überall im Land angeschlagen wurde, ließ er zweisprachig drucken und sicherte darin den Personen deutscher Muttersprache die Erhaltung eigener Schulen und Vereine zu. Gleichwohl sind in diesem „Proclama“ alle Südtiroler Ortsnamen ausschließlich in italienischer Fassung aufgeführt. Tolomei ließ sich in seinem Eifer nicht so leicht bremsen, und erreichte schließlich doch die Anbringung italienischer Hinweisschilder und Ortsnamenstafeln in den Gemeinden und auf den Bahnhöfen. Sehr aussagekräftig ist denn auch das im Mai 1919 von dem aus Meran stammenden Franz Haller aufgenommene Foto, auf dem ein Mann letzte Hand an ein neues italienisches Ortsnamensschild für Algund legt.

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