Archivale des Monats
Paul Ritter von Putzer denkt noch nicht an Sterben
Am 1. August 1917 unterzeichnete Paul Ritter Putzer von Reibegg aus St. Pauls (* 1899) in Innsbruck eine Versicherungspolizze im Wert von 3000 Kronen für eine Lebensversicherung bei der k. k. privilegierten Lebensversicherungs-Gesellschaft Österreichischer Phönix mit Sitz in Wien. Es handelte sich dabei aufgrund einer Vereinbarung mit dem k. k. Österreichischen Militär-Witwen- und Waisenfond um eine sogenannte Kriegsanleihe-Versicherung, bei der der Versicherungsnehmer vierteljährlich 38,25 Kronen einzuzahlen hatte und die bis zum 1. August 1932 laufen sollte. Nachdem der Versicherungsnehmer die geforderten Raten anfänglich pünktlich überwiesen hatte, wurde die Zahlung nach der Besetzung Südtirols durch das italienische Militär und der damit einhergehenden Schließung der Brennergrenze praktisch unmöglich. Aus diesem Grund teilte Paul von Putzer im Juli 1919, also keine zwei Jahre nach Versicherungsabschluss, der Versicherungsgesellschaft mit, dass die politischen Verhältnisse eine weitere Zahlung der Prämien nicht erlaubten und fragte zugleich an, was er tun sollte, um die bereits eingezahlten Beträge rückvergütet zu erhalten. Im Antwortschreiben vom 19. Juli 1919 erklärte ihm die Versicherung, dass es keine Möglichkeit eines Rückkaufs der Versicherungssumme gebe und dass eine Auflösung der Versicherung für Paul von Putzer einen Verlust darstellen würde. Dem Versicherungsnehmer wurde empfohlen, die Kriegsanleihe-Versicherung in eine fünfzehnjährige Bargeldversicherung umzuwandeln, wobei er jedoch eine Prämiendifferenz und eine Umwandlungsgebühr zu zahlen hätte. Paul Ritter von Putzer, den das Schreiben erst gut zwei Wochen später erreichte, antwortete umgehend, dass ihm der Vorschlag der Versicherung „absolut keine Konvenienz“ böte, denn im Erlebensfall müsste er mehr einzahlen, als er je herausbekommen würde und nur im Ablebensfall könnte er einen Gewinn aus der Versicherung ziehen, was er rundweg ablehnte: „… nun, da ich aber am 6./4. l[aufenden] J[ahres] erst 20 Jahre alt geworden bin, befasse ich mich mit einer derartigen Spekulation nicht.“ Putzer stellt klar, dass laut seinen Informationen seine sogenannte Kriegsanleihe-Versicherung lediglich eine Vereinbarung mit dem Militär-Witwen- und Waisenfond sei und nichts mit der österreichischen Kriegsanleihe zu tun habe. Abschließend stellte Putzer erneut die Frage, ob und wie er eine Rückvergütung der eingezahlten Prämien erreichen könne und ob diese mit einem Kursverlust verbunden sein würden. Die Antwort der Versicherungsgesellschaft ist nicht bekannt, da uns zu dem Fall keine weitere Korrespondenz überliefert ist. Ob der junge Versicherungsnehmer sein Geld je wiedersah, ist ungewiss. Doch sein Schicksal ist vergleichsweise glimpflich zu nennen, hatten doch viele Menschen in den Kriegsjahren – auch unter Druck – erhebliche Teile ihres Vermögens in Kriegsanleihen investiert, die nach Kriegsende und mit dem rasanten Kursverfall der österreichischen Währung praktisch wertlos wurden, was die Betroffenen oft an den Rand des wirtschaftlichen Ruins brachte.
ep
PT
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