Archivale des Monats

Dezember 1919 – Dezimierter Wildbestand in den Domänenforsten

Akten der Forst- und Domänenverwaltung, Nr. 1

Mit dem Übergang Südtirols an Italien gingen auch die Domänenforste, also die hier liegenden ehedem österreichischen Staatswälder, in das Eigentum des Königreichs über. Gegen Ende des Jahres 1919 sandte Ingenieur Valcanover, der Leiter der Domänenforstverwaltung, an das Forstinspektorat in Bozen einen Bericht über die Wildbestände bzw. Jagdbedingungen in den vier staatlichen Forstbezirken Welschnofen, Dorf Tirol, Passeier und Sulden. Namentlich im Einzugsgebiet von Sulden und Welschnofen seien die Wildbestände durch Angehörige der österreichisch-ungarischen Streitkräfte arg dezimiert worden und es gebe mehr denn je Wilderer, vor allem in den Revieren in Passeier, Sulden und in den Seitentälern des Vinschgaus. Dem Bericht schloss er eine summarische Aufstellung der Wildbestände in den vier Forstbezirken an: Lediglich Schneehasen und Schneehühner gab es hier demzufolge noch in ausreichender Anzahl, während die Populationen von Füchsen, Mardern, Stein- und Haselhühnern durchwegs gering waren. Die übrigen aufgeführten Tierarten, wie Gämsen, Murmeltiere, Rehe, Feldhasen, Birk- und Auerhühner waren in einigen Gebieten in guter Zahl anzutreffen, in anderen dagegen stark dezimiert. Die Wildbestände in Südtirol schwankten im Laufe der Jahrhunderte stark: Auf Phasen starker Bejagung folgten wiederum Zeiten relativer Schonung, in denen sich die Bestände erholen konnten, dann aber wegen zunehmender Wildschäden wieder stärker bejagt wurden. Im 19. Jahrhundert erreichten die Wildbestände einen historischen Tiefststand und auch der Erste Weltkrieg trug nicht eben zur Besserung der Lage bei, da nicht nur die k. u. k. Truppen, sondern auch die hungernde Bevölkerung durch Wildtiere ihren kargen Speiseplan aufzubessern versuchte. Am Ende des Kriegs gab es in Südtirol praktisch kein Rotwild mehr, erst ab 1920 wanderte es vom Westen her wieder ein. Optionszeit und Zweiter Weltkrieg brachten für das Wild wiederum schwere Zeiten, am Ende des Kriegs gab es z. B. kaum noch Rehe. Durch eine längere Schonphase und strenge Jagdregeln konnten sich die meisten Wildbestände in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gut erholen, einige Tierarten, wie etwa die Wachtel oder das Steinhuhn, sind mittlerweile aber sehr selten geworden. Aktuell liegen die Bedrohungen vor allem in den Veränderungen der Lebensräume, bedingt etwa durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft, durch die Ausdehnung und Verdichtung der Siedlungsräume und die zunehmende Umweltverschmutzung.

ep

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