Archivale des Monats

Juni 1706 – Der Bozner Merkantilmagistrat erwirbt ein Laubenhaus

Archiv des Merkantilmagistrats Bozen, Nr. 1.55

Dank seiner Märkte und seiner günstigen Lage an der wichtigsten alpenquerenden Nord-Süd-Route entwickelte sich Bozen seit dem ausgehenden Mittelalter zu einer blühenden Handelsstadt. Namentlich die drei, seit dem 16. Jahrhundert vier jeweils zwei Wochen dauernden Jahrmärkte beziehungsweise Messen wurden von Kaufleuten aus dem österreichisch-oberdeutschen wie aus dem oberitalienischen Raum intensiv zum Warenaustausch und für den Zahlungsverkehr genutzt. 1635 erteilte Claudia de’ Medici der Stadt ein Messeprivileg und errichtete den Merkantilmagistrat, der die Jurisdiktion in Streitfällen zwischen Kaufleuten übte, sich paritätisch aus deutsch- und italienischsprachigen Kaufherren zusammensetzte und sich zunehmend auch als ihre Interessenvertretung verstand. Die Lauben bildeten das Handelszentrum der Stadt und folgerichtig wählte der Merkantilmagistrat seinen Sitz unter den Lauben, mietete dafür ab 1640 das Handlungshaus der Kaufmannsfamilie Zallinger unter den sogenannten deutschen Gewölben, d. h. in der südlichen Laubenzeile. Nach 66 Jahren beschloss der Magistrat im Frühjahr 1706, die Zallinger’sche Behausung käuflich zu erwerben, der Kaufvertrag wurde am 21. Juni 1706 unterzeichnet. Da das Laubenhaus den Erfordernissen des Magistrats aber nicht entsprach, wurde bald ein völliger Um- und Neubau ventiliert. Während der von dem Veroneser Architekten Francesco Perotti geleiteten, ab Oktober 1708 initiierten Arbeiten bezog der Merkantilmagistrat das angrenzende sogenannte Delama-Haus als Ausweichquartier zur Miete. Recht bald wurde dem Magistrat allerdings klar, dass auch das umgebaute Haus nicht ausreichend Raum bieten würde, der Kauf des Delama- oder Eyrl’schen Hauses am 12. Februar 1715 brachte die gewünschte Erweiterung, der neue, zwei Parzellen umfassende Komplex erhielt eine klassizistische Prachtfassade und einen großzügigen Treppenaufgang, der noch heute das Straßenbild der Silbergasse dominiert, während auf der Laubenseite wuchtige Pilaster das Palais markieren. Der Bau des Merkantilgebäudes stärkte die Rolle der einheimischen Kaufherren, die neben den zunächst dominierenden auswärtigen Händlern eine eher untergeordnete Rolle gespielt hatten und erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend wichtige Ämter übernahmen. Da die Bauarbeiten eine ständige Präsenz erforderten, gewannen die Bozner Kaufherren zunehmend an Einfluss, der sich im Laufe des 18. Jahrhunderts weiter verfestigte.

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