Archivale des Monats
Februar 2012: Die Überetscher Bahn - Plan des Stations Anlage Kaltern 1898
Archiv der Transportstrukturen AG, Teil 1
Die Überetscher Bahn
Die Idee, eine Bahn von Bozen ins Überetsch zu bauen nahm Ende des 19. Jahrhunderts konkrete Gestalt an. Ursprünglich ein Vorschlag der Bozner Handelskammer, wurde das Vorhaben auch von der Gemeinde Kaltern maßgeblich unterstützt. Mit der Finanzierung des Projektes wurde die Bozner Bankfirma E. Schwarz’ Söhne beauftragt, während die Realisierung der Wiener Baufirma Stern & Hafferl oblag. Nachdem mit der Bozen-Meraner-Bahn ein Vertrag über Mitbenützung der Geleise vom Bahnhof Gries bis zur Abzweigung in Sigmundskron abgeschlossen worden war, mussten noch 10,6 km Geleise zwischen Sigmundskron und Kaltern verlegt sowie die Haltestationen gebaut werden. Nach nur zweijähriger Bauzeit konnte die Überetscher Bahn am 15. Dezember 1898 in Betrieb genommen werden.
Insgesamt betrug die Bahnstrecke 14, 974 km, wobei eine Fahrt von Bozen nach Kaltern eine Stunde und acht Minuten dauerte, von Kaltern nach Bozen eine Stunde und eine Minute – die Geschwindigkeit betrug 25 Stundenkilometer. Es gab vier Haltestellen, nämlich die Haltestelle Überetsch, Eppan-Girlan, Montiggl-Planitzing und die Endstation Kaltern. Das Archivale des Monats Februar zeigt einen Plan der Stationsanlage in Kaltern, der die Vorrangstellung des Gütertranportes deutlich macht. Zu Beginn der Inbetriebnahme überwog der Güter- vor dem Personentransport, vor allem das Eppaner Tonwerk und die Kellerei-Genossenschaft Kaltern nutzten die Bahn zum Transportieren ihrer Güter.
Als 1903 die Standseilbahn auf die Mendel eingeweiht wurde, stiegen auch die Passagierzahlen der Überetscher Bahn deutlich an, denn zahlreiche Einheimische und Touristen nutzten die beiden Verkehrsmittel, um von Bozen aus den beliebten Aussichtsberg zu erreichen. Das Kalterer Bahnl, wie es liebevoll genannt wurde, erlebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinen größten Erfolg. 1912 wurde die Strecke elektrifiziert.
1918 übernahmen die italienischen Staatsbahnen den Betrieb der Überetscher Bahn, 1922 ging die Führung der Bahn an die private Gesellschaft „Ferrovia Elettrica Transatesina S.p.a.“ (Überetscher Bahn AG) über. In den folgenden Jahren machte sich jedoch die Konkurrenz des Automobils immer stärker bemerkbar, die Bahn war nicht mehr voll ausgelastet. Auch nach der Wiederherstellung der im Zweiten Weltkrieg durch Bomben schwer beschädigten Strecke schrieb die Überetscher Bahn AG keine schwarzen Zahlen mehr. 1960 wurde sie aus Kostengründen zusammen mit der Fleimstalbahn AG in die Rittner Bahn AG eingegliedert, doch bereits 1963 wurde der Personenverkehr, 1971 auch der Gütertransport der Überetscher Bahn eingestellt.
Evi Pechlaner
GS
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