Forschungsprojekte und Tagungen

Deserteure der Wehrmacht

Nord- und Südtiroler Wehrmachtsrekruten bei einer Weihnachtsfeier in Innsbruck 1939. Postkarte eines Südtirolers in die Heimat. Südtiroler Landesarchiv, VKS/AdO Pos. 271.

Die Forschung geht derzeit von nicht weniger als 400 Südtiroler Wehrmachtsdeserteuren aus, von denen mindestens 16 in Südtirol hingerichtet wurden – dies bei einer geschätzten Gesamtzahl von 25.000–30.000 Südtirolern in den deutschen Streitkräften im Zweiten Weltkrieg (davon 3.500–5.000 in der Waffen-SS) und bis zu 8.000 Gefallenen. Zentraler Ort der politischen Gewalt gegen Wehrdienstverweigerung in der Region war ab Sommer 1944 das Durchgangslager (Dulag) Bozen, in dem Fahnenflüchtige ebenso wie Unterstützer bzw. „Sippenhäftlinge“ inhaftiert wurden. Zu nennen sind aber auch periphere Orte wie der ehemalige Militärschießstand in Kortsch (Gde. Schlanders), der nachweislich als Hinrichtungsstätte diente. Die wichtigste Verfolgungsinstanz in Südtirol war ab Herbst 1943 das Sondergericht Bozen, das sich schwerpunktmäßig mit Einberufungsverweigerung befasste. Im Verbund mit zwei Projekten an der Universität Innsbruck zu Nordtirol und Vorarlberg wird auf Grundlage von Archivrecherchen in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien eine transregionale Datenbank zu Fahnenfluchten im alpinen Raum aufgebaut. Im Fokus stehen dabei insbesondere jene Gebirgs-Divisionen der Wehrmacht, die im Wehrkreis XVIII (Salzburg) aufgestellt wurden und in denen tausende Nord- und Südtiroler dienten. Diese Arbeit wird durch Regionalrecherchen zur Geschichte und Nachgeschichte militärischer Verweigerung ergänzt sowie Einzelfallanalysen. Vertiefend zum Projekt siehe: Johannes KRAMER/Peter PIRKER, Die ‚Alpensöhne‘ im Zweiten Weltkrieg. Schlaglichter auf die Wehrmacht im Reichsgau Tirol und Vorarlberg und die Tiroler in der Wehrmacht, in: Matthias EGGER (Hrsg.), Innsbruck zwischen Diktatur, Krieg und Befreiung 1933–1950, Innsbruck 2020.

Bearbeitung: Mag. Johannes Kramer johannes.kramer@univie.ac.at

Laufzeit: 2020–2023

PT

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