Nachlässe, Personenarchive
Die Nachlässe und Privatarchive sind in der Archivtektonik der Bestandsgruppe Adels-, Familien- und Hausarchive zugeordnet. Es handelt sich um Archive von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, aber auch von Privatpersonen, die ihre Archive dem Landesarchiv zur Verwahrung übergeben haben.
Raetia (Benno Steiner und Gottfried Solderer)
Der Bestand besteht aus zwei Gruppen, die jeweils auf einen Bestandsbildner zurückzuführen sind: Benno Steiner (1907–1964) und Gottfried Solderer (geb. 1949).
Benno Steiner studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Deutschland Ingenieurwesen. Dort ließ er sich auch nieder und arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg als Konstrukteur bei deutschen Baufirmen, von 1932 bis 1940 auf dem Gebiet der Berufserziehung und Berufsführung. Während des Krieges wurde er zur Luftwaffe eingezogen. Nach dem Krieg kehrte er nach Südtirol zurück und unterrichtete im Schuljahr 1951/52 am Gewerbe-Vorbildungskurs in Meran Mathematik und Fachzeichnen. 1952 trat er in die Südtiroler Landesverwaltung ein, um im Auftrag der Landesregierung als Inspektor das Berufsschulwesen in Südtirol aufzubauen und die entsprechenden Kurse zu organisieren. Allerdings wurde er bereits Ende 1953 ohne ausreichende Begründung entlassen. Der Entlassung folgte ein langer Streit mit der Landesregierung zur beruflichen Rehabilitierung. Steiner selbst war in der Zwischenzeit nach Wien übersiedelt. 1956 trat er der politischen Bewegung "Roter Adler" bei, deren Mitglieder vornehmlich Dissidenten der SVP waren, unter ihnen auch Georg Klotz. In diesem Zusammenhang kam es zu einer Einladung zu einer Versammlung in Laas, bei der – laut Aussage Steiners vor dem Staatsanwalt Mario Martin am 13.11.1961 – offen über den Einsatz revolutionärer Mittel gegen die italienische Bevölkerung Südtirols gesprochen wurde und er eingeladen worden sei, daran teilzunehmen, er sich aber geweigert habe. Nach Südtirol zurückgekehrt arbeitete er ab 1959 zuerst als freier Mitarbeiter und dann als erster festangestellter Redakteur des "Deutschen Blatts" der italienischen Tageszeitung "Alto Adige". In der Folge kam es Androhungen von Gewalt gegen ihn, die Steiner zum Teil auf seine Ablehnung, am Terror teilzunehmen, zurückführte. 1962 wurde auf ihn ein erfolgloses, niemals aufgeklärtes Attentat verübt. In den Ersten Mailänder Prozess wurde Steiner verwickelt, da er vom "Südtirol Informations Dienst" (S.I.D.) des Franz Gschnitzer als "Kronzeuge" und "agent provocateur" bezeichnet wurde, der Mitglieder des BAS denunziert hätte. Benno Steiner starb am 17. Dezember 1964.
Gottfried Solderer ist ein Südtiroler Journalist, Publizist und Verleger. Er war langjähriger Chefredakteur des Wochenmagazins ff und Gründer des Verlags Edition Raetia. Solderer studierte nach dem Besuch des Gymnasiums Johanneum (Dorf Tirol) Publizistik und Politikwissenschaften an der Universität Salzburg und war in der Südtiroler Hochschülerschaft wie in dem aus dieser hervorgegangenen Forum für Bildung und Wissenschaft tätig. 1980 promovierte er mit einer Dissertation über die Bedeutung und Rolle des Rundfunks in Südtirol. Zusätzlich besuchte Solderer die Akademie für Publizistik in Hamburg. Von 1974 bis 1980 war er als Journalist beim RAI-Sender Bozen tätig und arbeitete als Südtirol-Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur, der Tiroler Tageszeitung und des ORF.
Von 1980 bis 1990 war Solderer Chefredakteur der von Klaus Dubis mit Unterstützung des Bozner Unternehmers Christoph Amonn gegründeten Wochenzeitschrift FF – Südtiroler Illustrierte. Nach seinem Rückzug aus dem Journalismus gründete Solderer 1991 den regionalen Literatur- und Sachbuchverlag Edition Raetia. Solderer etablierte den in Bozen ansässigen Verlag im Verlauf der 1990er- und 2000er-Jahre vor allem mit Publikationen zur regionalen Zeitgeschichte. Neben seiner Tätigkeit als Verlagsleiter veröffentlichte Solderer im Raetia-Verlag mehrere eigene Werke. Er war Herausgeber einer Biografie des langjährigen Südtiroler Landeshauptmanns Silvius Magnago sowie der fünfbändigen Reihe "Das 20. Jahrhundert in Südtirol". Unter dem Titel "Gell, hinter den Bergen ist Deutschland. Die Option 1939" veröffentlichte Solderer eine eigene Arbeit zur Geschichte der Option in Südtirol. 2011 gab Solderer die Programmleitung des Raetia-Verlags ab, stand aber weiterhin als Präsident dem Verwaltungsrat vor.
Z: 1910–2002
U: 17 Archivkartons
E: erschlossen
PT
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