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Bodenschutz: "Es besteht weltweit dringender Handlungsbedarf"

Was die Gemeinden vor Ort tun können, um ihren Beitrag zum Bodenschutz zu leisten, beleuchtete gestern die internationale Fachtagung zum Flächenverbrauch in Bozen anlässlich "20 Jahre Bodenbündnis".

Der Boden ist eine begrenzte und nicht erneuerbare natürliche Ressource. Aufgrund des Klimawandels nehmen die Herausforderungen für den Bodenschutz zu: von der Erosion bis zur Kontamination, vom Verlust der biologischen Vielfalt bis zu Überschwemmungen, von Erdrutschen bis zur Wüstenbildung. Alle Länder haben zum Bodenschutz auf staatlicher, regionaler und lokaler Ebene einen nachhaltigen Beitrag zu leisten. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Städten und Gemeinden zu, die zu lokalen Flächen und ihren Nutzern einen unmittelbaren Zugang haben: Dies ist das Fazit der internationalen Fachtagung, die sich am gestrigen Donnerstag (29. September) im Kolpinghaus in Bozen mit regionalen und europäischen Sichtweisen zum Flächenverbrauch befasste. Sie wurde von der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz in Kooperation mit dem Bodenbündnis europäischer Städte, Kreise und Gemeinden (European Land and Soil Alliance ELSA) anlässlich "20 Jahre Bodenbündnis" organisiert.

Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher eingangs betonte, sei das Thema Bodenschutz "aktueller denn je": "Südtirol hat hier große Herausforderungen zu bewältigen. Es gilt konkrete Maßnahmen für den Bodenschutz zu ergreifen, in Zeiten, in denen Ressourcen ganz einfach nicht mehr in den Maßen verbraucht und gebraucht werden dürfen, wie wir es in der Vergangenheit getan haben." Insbesondere auch die Erderwärmung und die völlig veränderte Situation der Biodiversität habe dieses Thema noch einmal an Wichtigkeit gewinnen lassen.

Umweltlandesrat Giuliano Vettorato erinnerte daran, dass das Land Südtirol eines der Gründungsmitglieder des Bodenbündnisses der europäischen Städte und Gemeinden ist, das 2000 in Bozen gegründet wurde. "Seither hat sich vieles verändert, aber wir sind auf europäischer Ebene noch nicht beim Schutz des Bodens als begrenzte Ressource angekommen. Die Rückkehr nach Bozen nach 22 Jahren macht uns bewusst, wie visionär die Gründer des Bodenbündnisses waren, aber auch, wie weit wir noch von einem wirklich nachhaltigen Umgang mit dieser Ressource entfernt sind, die neben Wasser und Luft zu den Grundelementen des Lebens auf unserem Planeten gehört", erklärte Vettorato. Südtirol sei über die Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz nach wie vor der Bezugspunkt des Bodenbündnisses in Italien.

Die Landesrätin für Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege Maria Hochgruber Kuenzer nannte das 2020 in Kraft getretene Landesgesetz für Raum und Landschaft: "Es ist das zentrale Steuerungsinstrument für die Gestaltung der natürlichen und gebauten Landschaft in Südtirol. Es nimmt auch bei Fragen der Bodennutzung und des Bodenschutzes eine wichtige Rolle ein." Neu sei das Gemeindeentwicklungsprogramm, mit dem die Gemeinden die Siedlungsräume abgrenzen und festlegen, welche Landschaften frei bleiben. Neu sei auch, dass sich die Bevölkerung bei der Erarbeitung dieses Programms einbringen kann, sagte Hochgruber Kuenzer.

Dass eine Fachtagung zum Bodenschutz gerade für die Landeshauptstadt von Bedeutung ist, unterstrich Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi: "Bozen ist dicht bevölkert, der Boden ist überaus wertvoll und die wenige vorhandene Fläche muss gut genutzt und erhalten werden. Die Gemeinde Bozen hat einen innovativen Grünplan beschlossen. Darin ist ein 33 Kilometer langer Ring um die Stadt vorgesehen, der alle Promenaden verbindet und damit auf die Aufwertung der bestehenden Grünflächen abzielt. Die Bautätigkeit der Stadt wird sich hingegen auf das Bahnhofsareal konzentrieren: 42 Hektar Fläche stehen hier für eine Neugestaltung zur Verfügung."

Der Vorsitzende des Europäsichen Bodenbündnisses Christian Steiner ging auf die Wechselwirkung von Klimawandel und Bodenschutz ein: "Der fortschreitende Klimawandel ist verursacht durch den Anstieg von Treibhausgasen, die vorwiegend durch menschliche Aktivitäten freigesetzt werden. Dadurch nehmen die Wetterextreme – intensive Regenereignisse ebenso wie längere Trockenphasen - massiv zu", erklärte Steiner. "Diese Wetterextreme belasten die Böden zunehmend. Daher müssen bodenschonende und das Bodenleben fördernde Wirtschaftsweisen – wie ganzjährige Begrünungen, vielfältige Fruchtfolgen, Vermeidung von Bodenverdichtungen usw. – forciert werden, die die Böden widerstandsfähiger machen."

Giulio Angelucci, Direktor des Landesamtes für Abfallwirtschaft, hob die Herausforderungen für den Bodenschutz im Alpenraum hervor: "Der Boden ist einer der größten Speicher für Kohlendioxid auf der Erde. Die Flächennutzung hat unmittelbare Auswirkungen auf das Mikro- und Makroklima: Bereits jetzt besteht ein Temperaturunterschied von 1,5 Grad zwischen der Stadt und dem Land." Auswirkungen des Klimawandels seien schon jetzt sichtbar: "Die Vegetationszyklen sind länger geworden, einige Kulturen können sogar höhere Lagen erreichen. Bei der Flächennutzung müssen wahrscheinliche Dürreperioden und eine andere Niederschlagsverteilung berücksichtigt werden. Auch Ungleichgewichte in den Ökosystemen, wie das Beispiel des Borkenkäfers zeigt, können auftreten."

Walter Huber blickte für das Land Südtirol auf 20 Jahre Europäisches Bodenbündnis zurück: "Wir brauchen eine gemeinsame Initiative auf deren Grundlange dann einzelne Maßnahmen zum Bodenschutz ergriffen werden können. Das Bodenbündnis ist diese Plattform", unterstrich er. Dass weltweit dringender Handlungsbedarf besteht, zeige folgende Tatsache: "Heute leben acht Milliarden Menschen auf der Erde und die Anzahl steigt weiter an. Alle diese Menschen brauchen Lebensmittel, Kleidung, Energie und Arbeit in ihren Ländern, erzeugen Abfall, den wir im Boden entsorgen, verbrauchen Rohstoffe jeglicher Art usw. Dies wird den Bedarf an Boden und seinen Funktionen weiter erhöhen, der Druck wird weiter wachsen."

Es folgten Referate zum Thema Bodenverbrauch, Bodenschutz und Klimawandel von lokalen und internationalen Expertinnen und Experten. Am Nachmittag fanden Workshops zu den Themen "Flächeninanspruchnahme", "Klimawandel und Permafrost" und "Europäischer Bodenschutz und Sustainable Development Goals (SDGs)" statt. Abschließend beleuchtete eine Podiumsdiskussion die Herausforderungen für den Bodenschutz.

Heute (30. September) findet eine Exkursion zur ehemaligen Mülldeponie Kaiserberg statt, mit Beiträgen von lokalen Experten zu den Themen Stadtentwicklung, Permafrost und Klimawandel sowie Flächenrecycling von Deponien.


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LPA/mpi