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Historegio: Geschichtsforschung ohne Grenzen in der Euregio
Das Geschichtsforschungsprojekt der Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient biegt in die Zielgerade. Die Schwerpunkte: "Nationbuilding", Südtirolfrage sowie technologischer Fortschritt im Alpenraum.
Seit 2018 arbeiten die drei Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient an dem Projekt "Historegio" – ein grenzüberschreitendes Forschungsprojekt, das sich mit der Geschichte der drei Landesteile Tirol, Südtirol und Trentino beschäftigt. Damit wird die gemeinsame Geschichtsforschung über die Landesgrenzen hinweg intensiviert und die Vernetzung zwischen den Universitäten vorangetrieben. Die drei Schwerpunktthemen sind die Nationalisierung Tirols vor dem Ersten Weltkrieg, die Südtirolfrage aus italienischer Sicht und der technologische Fortschritt im Alpenraum. Die Ergebnisse von fünf Jahren Forschung sind am Euregio-Geschichteportal abrufbar. Das Projekt Historegio läuft noch bis Ende 2023.
"Dieses Projekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Geschichte, Universitäten und Kultur zusammenkommen können, um tiefe Verbindungen zwischen unseren drei Gebieten zu schaffen und aufzuzeigen, wie die gemeinsamen Wurzeln und die komplexen Ereignisse die kulturelle und soziale Dynamik unserer außergewöhnlichen Alpenländer geprägt haben", kommentiert der Euregio-Präsident und Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti.
"Um auf Herausforderungen angemessen reagieren zu können und Probleme nachhaltig zu lösen, ist es hilfreich, die Geschichte zu kennen und zu verstehen", unterstreicht Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher. "Das euregionale Projekt Historegio unterstützt die gemeinsame Geschichtsforschung in Tirol, Südtirol und dem Trentino, baut auf die gemeinsame Forschung und universitäre Zusammenarbeit und trägt dazu bei, das gemeinsame Geschichtswissen zu erweitern und zu vertiefen."
"Erst durch die Beschäftigung mit der Geschichte können wir unsere Gegenwart verstehen. Das Forschungsprojekt Historegio ist ein wunderbares Beispiel für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen drei Universitäten. Damit wird nicht nur die gemeinsame Geschichte der drei Landesteile Tirol, Südtirol und Trentino aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und aufgearbeitet, sondern es werden historisch Interessierten auch zahlreiche Schätze aus den Archiven zur Verfügung gestellt", betont Tirols Landeshauptmann Anton Mattle.
Drei Länder, drei Themen
Geleitet wird das Projekt Historegio von Brigitte Mazohl und Gunda Barth-Scalmani von der Universität Innsbruck, Oswald Überegger von der Universität Bozen und Andrea Leonardi von der Universität Trient. Die Wissenschafter und Wissenschaftlerinnen setzten in den vergangenen fünf Jahren insgesamt drei gemeinsame Forschungsprojekte um.
Das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Universität Bozen setzt sich mit der Südtirolfrage bei der Friedenskonferenz von Saint-Germain (Paris) und der Annexion Südtirols aus italienischer Sicht auseinander. Unter der Leitung von Oswald Überegger analysierte Magda Martini die Integration Südtirols in den italienischen Staat.
Am Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck beschäftigt sich Alexander Piff unter der Leitung von Brigitte Mazohl und Gunda Barth-Scalmani mit der Frage des regionalen "Nationbuilding", also mit den nationalen Gegensätzen in Tirol vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Das 19. Jahrhundert zeichnete sich durch eine zunehmende Polarisierung nationaler Zugehörigkeiten aus, die schlussendlich in den Ersten Weltkrieg mündete.
Den dritten Themenschwerpunkt bildet die Geschichte des technologischen Fortschritts in den letzten 200 Jahren im alpinen Raum, die an der Universität Trient von Alice Riegler und Francesco Frizzera unter der Leitung von Andrea Leonardi erforscht wird. Neben dem Ausbau der Verkehrswege und dem damit zusammenhängenden Wandel im Transport- und Tourismuswesen werden die Änderungen in der Landwirtschaft und im Energiesektor beleuchtet.
Geschichtsvermittlung im Mittelpunkt
Neben inhaltlicher Schwerpunktsetzung ist das Projekt Historegio auch auf die Geschichtsvermittlung für ein historisch interessiertes Publikum ausgerichtet. Am Euregio-Geschichteportal sowie in den sozialen Medien werden regelmäßig interessante Einblicke in die Forschungsarbeit gegeben. Mit der Initiative "Quelle des Monats" werden die "Nationbuilding", "Südtirol aus italienischer Wahrnehmung" und "Technologische Veränderungen 1910 bis 1945" populärwissenschaftlich aufbereitet und am Euregio-Geschichteportal publiziert. "Diese Initiative lädt Interessierte dazu ein, in das Tirol vor und nach dem Ersten Weltkrieg einzutauchen. Geschehnisse, Zeitungsartikel sowie historische Bilder werden aufgearbeitet und online zur Verfügung gestellt", erklärt Christoph Haidacher, Direktor des Tiroler Landesarchivs.
Im Rahmen des Projekts werden auch regionalgeschichtliche Publikationen in die jeweils anderen Landessprachen übersetzt. So kann der Wissensaustausch zwischen den drei Ländern und den zwei sprachlich unterschiedlichen Wissenschaftskulturen gefördert werden. Unter anderem wurden die Publikationen der Trentiner Historiker Marco Bellabarba "L’impero asburgico" ("Das Habsburgerreich 1765-1918") und Andrea Leonardi "Un innovatore nell'ingegneria dei trasporti del XIX secolo. Luigi Negrelli" ("Luigi/Alois Negrelli: Ein Pionier der Verkehrsentwicklung des 19. Jahrhunderts") ins Deutsche übersetzt. Die Studie "Im Schatten des Krieges. Geschichte Tirols 1918-1920" von Oswald Überegger, Direktor des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte, ist nun auch auf Italienisch unter dem Titel "All’ombra della guerra. Storia del Tirolo 1918-1920" verfügbar. Die "Geschichte Südtirols" aus der Feder von Brigitte Mazohl wird demnächst ebenfalls auf Italienisch vorliegen. Zudem wurde von den Projektleitenden der Tagungsband "Tirol/o 1919/10. Neuorientierung zwischen Krieg und Frieden. Nuovi orientamenti fra guerra e pace" publiziert. Weiters werden in jedem Projektteil themenspezifische Monographien als Ergebnis der Forschungsarbeiten vorgelegt. 2022 ist etwa "Una provincia tutta da inventare. L'annessione dell'Alto Adige all'Italia (1918-1922)" von Magda Martini erschienen. Gemeinsam wurde von Alexander Piff, Magda Martini, Alice Riegler und Franzesco Frizzera auch eine reich bebilderte Publikationen verfasst: "Begehrtes Land – Geteiltes Land / Terra ambita – terra divisa. Modernisierung und Wandel in Alttirol / Modernizzazione e mutamenti nel Tirolo storico". Sie wurde ganz bewusst auf Italienisch und Deutsch veröffentlicht und bereitet in kurzen Kapiteln die gemeinsame Geschichte des Raumes der Euregio Tirol- Südtirol-Trentino auf.
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LPA/red/mpi