Morgen: Tag der Zeitgeschichte zu Verweigerung und Kollaboration

Um Verweigerung und Kollaboration im Zweiten Weltkrieg geht es am morgigen Tag der Zeitgeschichte im Ansitz Rottenbuch in Bozen, zu dem Landesdenkmalamt und Landesarchiv einladen.

Die Zeitgeschichte-Forschung ging bislang davon aus, dass rund vierhundert Südtiroler im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht desertiert und mindestens 16 davon in Südtirol hingerichtet wurden. Wobei die Gesamtzahl von Südtirolern, die zu den deutschen Streitkräften – davon einige Tausend zur Waffen-SS – eingezogen wurden, auf 25.000 geschätzt wird. Diese Quantifizierungen beruhen vor allem auf 1945 veröffentlichten Listen von im Nationalsozialismus verfolgten Südtirolern. Sie sollten nach Kriegsende im Kontext der virulent werdenden Autonomiefrage die antinazistische Haltung der deutschen Volksgruppe belegen. Zudem dienten sie auch als methodische Grundlage für die Forschungsarbeit der Südtiroler Geschichtsforschenden Leopold Steurer, Martha Verdorfer und Walter Pichler, die 1993 unter dem Titel "Verfolgt. Verfemt. Vergessen" veröffentlicht wurde.

Nun liegen neue Daten einer in den Jahren 2020 bis 2023 vom Landesarchiv finanzierten Recherche von Johannes Kramer (Uni Wien) vor. Diese Daten und andere Ergebnisse zu Verweigerung und Kollaboration im Zweiten Weltkrieg werden am Tag der Zeitgeschichte

am morgigen Donnerstag, 9. November 2023

um 17 Uhr

im Festsaal des Ansitzes Rottenbuch

Bozen, Armando-Diaz-Straße 8

vorgestellt.

Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, die morgen den Tag der Zeitgeschichte eröffnen wird, ist überzeugt, dass "Erinnerungsarbeit über schwierige dunkle Zeiten einen wichtigen Beitrag für Verständnis und Toleranz leistet" und Demokratie mehr denn je dieses Wissen benötige, um den Wert des für ein gutes Zusammenleben zu stärken.

Im Rahmen des morgigen Tages der Zeitgeschichte wird zudem Peter Pirker (Uni Graz) Daten für Tirol und Vorarlberg vorstellen. Michael Messner (Brixen) wird über die Wehrdienstentziehung im Gadertal sprechen, Lorenzo Gardumi (Fondazione Museo Storico del Trentino) die Kollaboration im Trentino beleuchten.

Im Anschluss wird eine von Günther Pallaver (Uni Innsbruck) moderierte Runde mit Martha Verdorfer (Bozen), Leopold Steurer (Meran) und Carlo Romeo (Bozen) zur Geschichte und zum Stand der einschlägigen regionalen Forschung diskutieren.

Landeskonservatorin Karin Dalla Torre verweist darauf, dass "dieses neue Veranstaltungsformat des Landesarchivs Ausdruck der Forschungsaufgabe des Landesarchivs" sei und wichtige Forschungsfragen der Zeitgeschichte erörtere.


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red/jw