Eine Autonomie für drei Sprachgruppen

Die Besonderheit Südtirols ist das Zusammenleben dreier Sprachgruppen in einem relativ kleinen Land: Zwei Drittel der 500.000 Südtiroler sprechen deutsch, ein Viertel italienisch und vier Prozent ladinisch. Dieses Zusammenleben war nicht immer so reibungslos wie heute, erst ein jahrzehntelanger Verhandlungsprozess - zeitweise begleitet von Bomben und Gewalt - hat ein Gleichgewicht zwischen deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Südtirolern hergestellt.

Ein komplexes und ausdifferenziertes Rechtssystem, Ämterrotation, paritätische Gremienbesetzung und die proportionale Vertretung aller Sprachgruppen sind die Garanten für das friedliche Miteinander von Deutschen, Italienern und Ladinern. Der Ausgleich und die Machtteilung zwischen den Sprachgruppen basiert auf der Beteiligung aller ethnischen Gruppen am politischen Entscheidungsprozess, auf einem hohen Grad an Autonomie für jede Sprachgruppe besonders in der Kultur- und Bildungspolitik, dem so genannten Proporzprinzip als Grundregel der politischen Vertretung, der Personalaufnahme in den öffentlichen Dienst und der Verteilung bestimmter öffentlicher Ressourcen (z.B. Gelder für die Kultur oder den sozialen Wohnbau) und dem Minderheitenveto als letztem Mittel zur Verteidigung von grundlegenden Interessen der eigenen Sprachgruppe.

Die italienische Verfassung, der Pariser Vertrag und das Zweite Autonomiestatut sind die rechtlichen Grundlagen der Südtirol-Autonomie.

Der Pariser Vertrag (1946)

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird Südtirol erneut Italien zugeschlagen. Die Siegermächte machen allerdings zur Bedingung, dass die österreichische Minderheit umfassend geschützt werden muss. Ergebnis dieser Bedingung ist der Pariser Vertrag zwischen Italien und Österreich, in dem die Grundzüge der Autonomie definiert werden. Der Vertrag bildet die internationale Absicherung der Südtiroler Autonomie.

Die italienische Verfassung (1948)

Der Minderheitenschutz ist in Artikel 6 der italienischen Verfassung festgeschrieben.

Das Zweite Autonomiestatut (1972)

Mit dem Zweiten Autonomiestatut bekommt Südtirol de facto den Status einer Region im italienischen Staatsverband, deren legislative und administrative Autonomie allerdings weit über die Zuständigkeiten einer Region mit Normalstatut hinausreicht.


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Autonomie-Timeline

Sprachgruppen

In Südtirol leben 500.000 Menschen mit drei verschiedenen Muttersprachen zusammen. 64 Prozent der Bevölkerung gehören der deutschen, 24 Prozent der italienischen, vier Prozent der ladinischen Sprachgruppe an. Zusätzlich zu den drei traditionellen Sprachgruppen leben 45.469 Ausländer in unserem Land, davon stammen rund 15.000 aus anderen EU-Staaten.

Den größten Anteil an der Bevölkerung stellt die deutsche Sprachgruppe. Sie geht historisch auf die germanischen, alemannischen und bairischen Stämme zurück, die zur Zeit der Völkerwanderung das heutige Südtirol durchquert haben und zum Teil hier sesshaft wurden. Die zweitgrößte Sprachgruppe ist die italienische. Sie ist kulturhistorisch gesehen auch die jüngste im Land. Die zahlenmäßig stärkste Entwicklung erfuhr sie in der Zeit des Faschismus in den 1920er und 1930er Jahren, als das Mussolini-Regime versuchte, durch die massive Zuwanderung aus dem Süden den „italienischen Charakter“ Südtirols zu unterstreichen. Wurden 1910 noch 7339 Italiener in Südtirol gezählt, waren es 1961 bereits 128.271. Der Anteil der italienischen Sprachgruppe an der Gesamtbevölkerung stieg damit von 2,9 auf 34,3 Prozent. Heute gehören 24 Prozent der Bevölkerung zur italienischen Sprachgruppe.

Die ladinische Sprachgruppe gilt als die älteste im Land. Das Ladinische ist eine neolateinische oder romanische Sprache. Nach der Eroberung der alpinen Regionen durch das Römische Reich im Jahr 15 v. Chr. übernahm die einheimische Bevölkerung das Volkslatein der Beamten und Soldaten, ohne jedoch gänzlich auf die eigene Sprache zu verzichten. Das Ladinische entwickelte sich somit aus dem Volkslatein, das die Räter, Noriker und Karnier in diesem Gebiet von den Römern übernommen hatten.


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Rechtsgrundlagen der Autonomie

Südtirols Autonomie fußt auf drei Rechtsnormen: der italienischen Verfassung, dem Pariser Vertrag und dem Zweiten Autonomiestatut.

Pariser Vertrag (1946)

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird Südtirol erneut Italien zugeschlagen. Die Siegermächte machen allerdings zur Bedingung, dass die österreichische Minderheit umfassend geschützt werden muss. Ergebnis dieser Bedingung ist der Pariser Vertrag zwischen Italien und Österreich, in dem die Grundzüge der Autonomie definiert werden. Der Vertrag bildet die internationale Absicherung der Südtiroler Autonomie.

Italienische Verfassung (1948)

Der Minderheitenschutz ist in Artikel 6 der italienischen Verfassung festgeschrieben.

Zweites Autonomiestatut (1972)

Mit dem Zweiten Autonomiestatut bekommt Südtirol de facto den Status einer Region im italienischen Staatsverband, deren legislative und administrative Autonomie allerdings weit über die Zuständigkeiten einer Region mit Normalstatut hinausreicht.

Die wichtigsten Zuständigkeiten

Zuständigkeit Südtirol Staat
Kultur (Bibliotheken, Museen, etc.) primär
Kindergärten primär
Schulen sekundär
Soziales (Altenheime, Pflege, etc.) primär
Straßen primär
Gesundheit sekundär
Wohnbau primär
Öffentlicher Nahverkehr primär
Tourismus primär
Handwerk primär
Handel primär
Industrie primär
Landwirtschaft primär
Zivilschutz primär
Naturparks primär
Sport sekundär
Einwanderung staatlich
Verteidigung staatlich
Polizei staatlich
Justiz staatlich
Finanzwesen (Geld, Banken) staatlich


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Regeln des Zusammenlebens

Das Zusammenleben von verschiedenen ethnischen Gruppen in einem politischen System funktioniert nur, wenn die Bedürfnisse aller Volksgruppen berücksichtigt werden und in einem Gleichgewicht zueinander stehen. Das Zusammenleben der drei Sprachgruppen in Südtirol stützt sich auf ein komplexes und ausdifferenziertes Rechtssystem, das Ämterrotation, paritätische Gremienbesetzung und proportionale Vertretung aller Sprachgruppen miteinander verknüpft. Die Machtteilung basiert auf vier Säulen:


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Finanzierung

Der Südtiroler Landeshaushalt beläuft sich auf derzeit rund fünf Milliarden Euro pro Jahr. Er speist sich aus den Steuereinnahmen, die innerhalb Südtirols erwirtschaftet werden. Von diesen Einnahmen verbleiben neun Zehntel im Land, das verbleibende Zehntel wird an Rom abgetreten.
Mit den Geldern aus dem Landeshaushalt wird – anders als in anderen Regionen Italiens – eine ganze Reihe von Zuständigkeiten finanziert, darunter das gesamte Bildungssystem vom Kindergarten bis zur Universität, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Verwaltung des gesamten Netzes von Staats- und Landesstraßen. Diese Zuständigkeiten bilden auch die größten Ausgabenposten, allen voran das Gesundheits- und Sozialwesen (mit rund 1,6 Milliarden Euro), Bildung und Kultur (rund 750 Millionen Euro), die Verwaltung (rund 600 Millionen Euro) sowie die Finanzierung der Gemeinden (mit rund 500 Millionen Euro).


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