Programm Autonomietag
Der Tag der Autonomie am 5. September 2019 ist besonders, da Südtirol 2019 dreier bedeutsamer Ereignisse gedenkt:
- 100 Jahre Vertrag von Saint-Germain. 10.09.1919, Friedensvertrag zwischen Entente und Republik Österreich, Abtretung des südlichen Tirols und Besiegelung der Teilung Tirols auf Grundlage des Londoner Geheimvertrags von 1915. Bedingungslose Abtretung ohne verbürgten Schutz der deutschsprachigen und ladinischen Minderheit.
- 80 Jahre Option. 22.06.1939, Abschluss des Umsiedlungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und Italien. Rechtsgrundlage für die Option, deren Frist bis 31. Dezember 1939 ging. Die Südtiroler/innen müssen sich zwischen der „Heimat“ – und damit dem Verbleib in einem faschistischen Italien, das das „Dableiben“ als Einverständnis zu einer Italienisierung auffasst – und dem „Volkstum“ entscheiden – d.h., dem Eintritt ins totalitäre Nazi-Deutschland sowie einer völlig ungewissen Zukunft in der Fremde, oft in Frontnähe. 86 Prozent der Südtiroler/innen entscheiden sich aufgrund der gemachten Erfahrungen und der Versprechungen Hitler-Deutschlands fürs Gehen. 75.000 Südtiroler wandern dann bis 1943 auch tatsächlich ins Deutsche Reich aus. Die Option verursacht eine tiefgehende Spaltung der Südtiroler Gesellschaft, die nur mühsam überwunden werden kann, nicht zuletzt dank des ökonomischen Aufschwungs der Nachkriegszeit
- 50 Jahre Paket. 22.11.1969, Annahme des „Pakets“ durch die Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei. Das Paket beinhaltet 137 Maßnahmen zum Schutze der Südtiroler Bevölkerung, deren effektive Realisierung mittels eines eigens vereinbarten Operationskalenders gesichert werden soll. Das Paket ist der Startschuss zum Zweiten Autonomiestatut vom 20.01.1972. Die vollständige Umsetzung der genannten Maßnahmen erfolgte aber erst 1992, woraufhin Österreich die sogenannte Streitbeilegungserklärung abgegeben hat.
Diese drei Meilensteine der Südtirolgeschichte bilden 2019 den besonderen Rahmen für den Tag der Autonomie. Was vor 100 Jahren mit Leid und Unrecht begann, ist heute ein Beispiel des Zusammenlebens und ein Auftrag, Politik mit Verantwortung für die Zukunft zu machen!
Der Tag der Autonomie 2019 spannt in diesem Sinne einen Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft.
Um Jugendlichen von der Autonomie-Geschichte zu berichten und einen Blick auf die zukünftige Entwicklung Südtirols zu werfen, besuchen die einzelnen Landesräte der Landesregierung am Vormittag des 5. September, am 1. Schultag des neuen Jahres, 9 verschiedene Oberschulen im ganzen Land. Die SchülerInnen sollen als junge, heranwachsende Generation ins Gedenken und Erinnern mit einbezogen werden – in ein Erinnern, das sich als Voraussetzung für die verantwortungsvolle Gestaltung der Zukunft versteht und jedweder Geschichtsvergessenheit vorbeugen soll.
Am Nachmittag findet im Innenhof des Landhaus 1 die Gedenkveranstaltung Zukunft-Erinnerung" statt. Nach einem literarischen Einstieg durch die Gadertaler Lyrikerin Roberta Dapunt, gefolgt von Ansprachen der drei Landeshauptleute der Europaregion Günther Platter (Tirol), Maurizio Fugatti (Trentino) und Arno Kompatscher (Südtirol), diskutieren die Historiker Hans Heiss, Carlo Romeo und Martha Stocker über die Meilensteine der Südtiroler Geschichte. Im Anschluss daran wird das Buch des langjährigen Generaldirektors der Landesverwaltung Adolf Auckenthaler "Entstehung und Entwicklung der Südtirol-Autonomie" vorgestellt. Ein Kurzfilm mit den Zeitzeugen Bruno Bertoldi und Robert Kaserer sowie der Enkelin Judith E. Innerhofer schließt die Veranstaltung ab.