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EFSI-Tagung: Mit Risikokapital zu mehr Wachstum und Beschäftigung
Heute (26. Februar) haben Vertreter von Südtirols Wirtschaft, Banken, Gemeindeverwalter und Institutionen erfahren, wie sie an günstige EIB-Kredite für Investitionsprojekte in einem risikoreichen Umfeld herankommen können. Zur Tagung hatte Landeshauptmann Arno Kompatscher geladen. Erster Gastredner war der Direktor des Garantiefonds EFSI, Wilhelm Molterer.
Schon morgen könnten in Südtirol strategische Infrastrukturen mit einer Garantie des Europäischen Fonds für strategische Entwicklung (EFSI) finanziert werden. Dasselbe gilt für innovative und deshalb mitunter risikoreiche Projekte mittelständischer wie kleiner Unternehmen. Diese können oft aufgrund der schwachen Konjunktur kein Risikokapital für eine gewagte aber dennoch aussichtsreiche Unternehmung auftreiben. „Die europäische Investitionsquote, gemessen als Anteil an der Wirtschaftsleistung, hat sich seit der Krise von 2008 noch nicht wieder ganz erholt“, gibt Landeshauptmann Arno Kompatscher zu bedenken, als er heute (26. Februar) im Innenhof des Landhauses 1 die Teilnehmer der Tagung „Europäischer Fonds für Strategische Investitionen (EFSI)“ begrüßt.
"Vor allem die höheren Unternehmensrisiken aufgrund der nur schwach wachsenden Wirtschaft führten in den letzten Jahren dazu, dass die Banken nur zögerlich Kredite gewährten – und wenn, dann zu hohen Risikoaufschlägen", erklärt Kompatscher weiter. Dies wiederum reduziere die prognostizierte Rentabilität und vereitle oft die Investitionspläne. Ein Teufelskreis, den die EU mit dem sogenannten Juncker-Plan durchbricht. „Es war wichtig, Wege zu finden, der Investitionsbereitschaft wieder auf die Beine zu helfen. Denn ohne Risikokapital kann es in der Wirtschaft nur eine unterdurchschnittliche Entwicklung geben“, sagt Kompatscher.
Die heutige Tagung widmete sich der Frage, ob Südtirol von den Investitionsmitteln des Garantiefonds profitieren könnte. Mit Unterstützung des Europa-Parlamentariers Herbert Dorfmann war es Kompatscher gelungen, den geschäftsführende Direktor des EFSI, Wilhelm Molterer, für einen Vortrag zu gewinnen. Der ehemalige österreichische Vizekanzler und amtierende Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB) trat heute in seiner neuen Rolle zum ersten Mal auf italienischem Staatsgebiet auf. Molterer erklärte den Teilnehmern, wie der EFSI funktioniert und welche Möglichkeit er eröffnet.
Das Maßnahmenpaket, das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf den Weg gebracht hat, sieht vor, dass Garantieleistungen auch in einem risikoreichen Umfeld Investitionen erleichtern und dennoch die Zinsaufschläge sehr tief halten. Tiefe Zinsen erhöhen die mögliche Rentabilität der Investitionen, und das wiederum gibt der Wirtschaft einen nachhaltigen Anschub. Das Besondere daran ist, dass dieses System keine Zuschüsse aus Steuergeldern braucht, außer es tritt eine Zahlungsunfähigkeit ein. In diesem Falle würden die Mittel greifen, die die EU dem EFSI in solchen Fällen bereitstellt.
"Schon im zweiten Halbjahr 2015 die Europäische Investitionsbank EIB dank EFSI-Garantie über 40 Projekte finanziert, die Investitionen von 67 Milliarden erzeugt haben", sagt Molterer. Letzthin beispielsweise genehmigten die beiden Institutionen Trenitalia den Zukauf neuer regionale Zugwaggons um 300 Millionen Euro. Zu den Sektoren, die für EFSI infrage kommen, zählen neben strategischen Infrastrukturen (einschließlich Verkehr, Energie und digitale Netze) auch die Forschung, Entwicklung und Innovation, allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheit und ökologische, städtebauliche sowie soziale Projekte. "Zudem wird oft zu wenig darauf hingewiesen, dass die Politik auch bei den regulatorischjen Maßnahmen ein investitionsfreudiges Umfeld schaffen muss", betont Molterer.
Das Prinzip, das hinter dem sogenannten Juncker-Plan und im Speziellen dem EFSI-Fonds steht, ist einfach und gilt international als bahnbrechend. Es entspricht – in größeren Rahmen – dem, was auch die Südtiroler Landesregierung in der Wirtschaftsförderung und Gemeindenfinanzierung schon länger tut – nämlich tendenziell vergünstigte Kredite statt Zuschüsse zu gewähren. Dieser Ansatz stärkt die Eigenverantwortlichkeit und untergräbt nicht den freien Wettbewerb. Ein zweites Pendant in Kleinformat findet das Prinzip des EFSI in der Südtiroler Garantiegenossenschaft Garfidi.
Der Juncker-Plan soll bei Europas Realwirtschaft Gesamtinvestitionen von hochgerechnet 315 Milliarden mobilisieren – und so maßgeblich die Beschäftigung ankurbeln. Dazu übernimmt die EU aber lediglich Garantien über 16 Milliarden Euro – die EIB über weitere fünf Milliarden. Nicht wirkliches Geld, sondern nur die Bereitschaft zu zahlen, falls ein Schuldner insolvent wird. Eine honorige Garantie ermöglicht nämlich ein Mehrfaches an Kredit zu tieferen Zinsen zu erhalten– und der Kredit wiederum ein Mehrfaches an Investition. Ein Investitionsprojekt wird ja kaum einmal gänzlich mit Krediten finanziert.
Diese 21 Milliarden Euro im EFSI-Fonds bergen also einen Multiplikatoreffekt in sich, der 315 Milliarden an Investitionen auf den Weg bringen. „75 Milliarden davon stehen kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Verfügung, die übrigen 240 Milliarden Euro kommen Infrastruktur- und Innovationsprojekten zugute“, erklärt Molterer anhand einer Grafik (s. Anhang). Die eigentliche Liquidität hingegen käme von der EIB-Gruppe, zu der auch der Europäischen Investitionsfonds (EIF) gehört. Ansprechpartner und Vermittler für den EFSI ist der European Imvestment Advisory Board oder in Italien die italienische Depositenbank (CDP). An diese können sich Südtiroler Akteure wenden können, wenn sie ein geeignetes Projekt in der Pipeline haben.
Eine EFSI- Finanzierung beantragen können:
- Unternehmen jeder Größe (einschließlich Versorgungsunternehmen, Zweckgesellschaften oder Projektgesellschaften)
- Kleine und mittlere Unternehmen ( KMU mit bis zu 250 Beschäftigten) sowie
- Mittelgroße Unternehmen (mit bis zu 3.000 Beschäftigten)
- Einrichtungen des öffentlichen Sektors
- Fonds und jede andere Form von Finanzvehikeln für kollektive Investoren.
Im Rahmen der Tagung sprach außerdem Alessandro Izzo über die Rolle des Europäischen Investitionsfonds (EIB) in Europa und Wege für die Umsetzung von Projekten in Italien. Izzo ist bei der EIB stellvertretender Leiter der Abteilung „Öffentlicher Sektor – Italien“. Alessandro Gargani, Business Devolopment Manager beim Europäischen Investmentfonds (EIF) erklärte, wie seine Organisation den mittelständischen Unternehmen zu Investitionsmittel verhelfen kann. Über die Rolle der CDP als italienische Fördereinrichtung sprach Martina Colombo von der italienischen Depositenbank (CDP), wo sie Gemeinschaftsinitiativen im Rahmen des Juncker-Plans verantwortet. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann zog schließlich das Resümee und verabschiedete die Tagungsteilnehmer.
mgp