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Die wichtigsten Kaffee-Surrogate

.Die mengenmäßig bedeutendsten Kaffee-Surrogate sind: Roggen, Gerste, Feigen und Zichorien. In einer Fachzeitschrift aus dem Jahre 1934 ist in einem Artikel über die Herstellung von Kaffee-Ersatzprodukten zu lesen: "Obwohl für die Herstellung von Ersatzstoff - Mischungen (…) unzählige Grundprodukte in Frage kommen, werden bei uns fast immer nur wieder 5 Grundstoffe für die Herstellung herangezogen, und zwar: Gersten - und Roggenkaffee, Malzkaffee, Feigen - und Zichorienkaffee. Jeder dieser Ersatzkaffees für sich allein verwendet, würde dem verwöhnten Gaumen des Konsumenten nicht entsprechen."
In Österreich erschien in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine "Fachzeitschrift für die Interessen des österreichischen Kaffee, Tee, Cacao- und Kaffee-Ersatzmittel-Handels". Darin wurden auch regelmäßig Fachartikel zu Kaffee-Surrogaten veröffentlicht, ebenso wie die vom Marktamt vorgesehenen Preise für die einzelnen Arten von Kaffee (siehe Abbildung Seite 18). Während ein Kilo gerösteter Bohnenkaffee im Jahr 1933 zwischen 9,6 und 14 Schilling kostet, sind die Kaffee-Surrogate doch erheblich günstiger: Ein Kilo abgepackter Malzkaffee kostet zu dieser Zeit zwischen 1,39 und 1,43 Schilling, ein Kilo Zichorienkaffee zwischen 1,42 und 1,65 Schilling und ein Kilo Feigenkaffee zwischen 1,80 und 1,85 Schilling. Laut diesen Angaben kostete der Bohnenkaffee also das fünf bis zehn- fache der Kaffee-Surrogate. Eine der Ursachen für diesen großen Unterschied lag in den hohen Zollabgaben, die für den Bohnenkaffee zu dieser Zeit zu entrichten waren. Für Südtirol konnten leider keine dementsprechenden Angaben gefunden werden. Aus dieser Zeit stammen auch einige Hinweise zur Qualität der Kaffee-Surrogate und Angaben zu geschmacklich günstigen Mischungsverhältnissen der einzelnen Surrogate: "Der Erzeuger einer Kaffee-Ersatzmischung muß in zahlreichen Misch- und Tassenproben versuchen, das bestmögliche Getränk herzustellen und es gibt tatsächlich Sparmischungen, die mit Milch genossen, besser schmecken als billiger Bohnenkaffee".

Gersten-Kaffee

Gerste ist jene Kulturpflanze, welche die größte Bedeutung als Kaffee-Ersatzpflanze hat. Erstmalig wird Getreidekaffee im Jahr 1721 erwähnt, bereits hier mit dem Hinweis, dass vielen Menschen derGetreidekaffee besser schmecke als der Bohnenkaffee: "Und wem der rechte caffee/zu kostbar ist/der brennet sich aus allerhand gemeinen Körnern, vornehmlich aber aus gersten oder haber/einen eigenen caffee/nach welchem man sich offtermahls gar nicht übel befindet. Sonderlich haben viele den haber-caffee so gut gefunden/dass sie ihn dem wahren caffee in vielen stücken weit vorziehen".
Gerste ist insofern ein praktischer Kaffee-Ersatz, als Gerste vielerorts angebaut wurde und nicht gekauft werden musste. Die ersten gewerblichen Marken-Getreidekaffees entstanden im Jahr 1890.

.Malz-Kaffee

Malzkaffee enthält wenig Gerb- und Bitterstoffe und schmeckt im Vergleich zu Getreidekaffee milder und süßer. Grundsätzlich kann jede Getreideart gemälzt werden, doch wird Malzkaffee meist aus Gerste hergestellt: In Wasser eingeweichte Gerste wird zum Keimen gebracht. Dabei verwandelt sich Stärke unter anderem zu Malzzucker und Eiweiß wird in seine Aminosäuren gespalten. Der Keimprozess wird durch das anschließende Darren (Trocknen) der Körner gestoppt. Beim darauf folgenden Rösten karamelisiert der Malzzucker, Kaffeefarbe und Aroma entwickeln sich. Der bekannteste Malzkaffee ist wohl der Kathreiner Malzkaffee. Der bekannte Pfarrer Kneipp trat in seiner Schrift "So sollt ihr leben" aus dem Jahr 1889 für den Genuss von Malzkaffee anstelle von Bohnenkaffee ein. Im selben Jahr wurde sogar eine Mischung aus Bohnenkaffee und Malzkaffee als "Pfarrer Kneipps Gesundheitskaffee" in den Handel gebracht.

Roggen-Kaffee

Roggenkaffee wird als kräftig bitterer Kaffee-Ersatz beschrieben. Auch Roggen kann wie Gerste gemälzt werden und kam als "Roggenmalzkaffee" in den Handel.

Zichorien-Kaffee

Zichorien und Gerstenkaffees waren ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts die häufigsten Kaffee-Getränke der bäuerlichen wie der städtischen Bevölkerung. Zichorienkaffee wird aus den Wurzeln der Zichorie (Cychorium intybus) gewonnen. Sie ist die kultivierte Verwandte der an Wegen und Ackerrändern häufig zu findenden Wegwarte. In den Wurzeln lagert sie Inulin ein, eine Stärkeverbindung, die beim Rösten in Zucker umgewandelt wird. Die erste Zichorienkaffee-Fabrik entstand im Jahr 1760 in Deutschland. Zichorienwurzeln wurden bald zu einem sehr gefragten Rohstoff, in den folgenden Jahrzehnten entstanden Zichorien-Fabriken an vielen verschiedenen Orten in Deutschland, Österreich, Holland, England und Frankreich. Im Jahr 1846 zählte der Deutsche Zollverein alleine im damaligen Bundesgebiet Deutschlands 3.475 Zichorien- Betriebe. Eine der bekanntesten Marken reinen Zichorienkaffees war der Franck-Kaffee, der als Schutzmarke eine Kaffeemühle verwendete.

.Feigen-Kaffee

Feigen zählen zu den wichtigsten Kaffee-Ersatzpflanzen aus der Gruppe der Früchte. Streng genommen sind Feigen keine Früchte; die "Frucht" bildet der fleischig gewordene Blütenboden. Zu Kaffee verarbeitet werden die getrockneten Feigen, die im Handel oft auch als "Kranzfeigen", an Schnüren aufgereiht verkauft wurden. Feigenkaffee wurde nicht rein zubereitet, sondern die Feigen als Zusatz zu Bohnenkaffee oder als Bestandteil von Kaffee-Surrogat-Mischungen verwendet. Feigen geben dem Kaffee einen süßen Geschmack und eine intensiv dunkle Farbe. Gegenwärtig ist Feigen- Kaffee nur selten im Handel zu finden.

Lupinen-Kaffee

Lupinen zählen zwar nicht zu den mengenmäßig bedeutendsten Kaffee-Pflanzen, haben aber immer wieder als Kaffee-Surrogat Verwendung gefunden. Immer wieder werden sie in Verordnungen und anderen Dokumenten erwähnt. Im Jahr 1918 erscheint in Österreich eine eigene Verordnung des Amtes für Volksernährung, die den Handel mit Kaffee-Surrogaten regelt. In dieser wird neben Gerste, Feigen und Eicheln auch Lupinenkaffee erwähnt. Um welche Lupinenart es sich handelt, ist der Schrift nicht zu entnehmen, allerdings dürfte es sich um Bitterlupinen handeln, da die Verordnung vorschreibt "Lupinen dürfen zu Kaffeesurrogaten nur dann verarbeitet werden, wenn sie im Betriebe einer Firma, die die Bewilligung des Amtes für Volksnahrung enthalten hat, entbittert worden sind."9 In dieser Verordnung ist auch ein Höchstpreis für 1 kg reinen Lupinenkaffee vorgeschrieben: 4,80 Kronen. Zum Vergleich die Höchstpreise für je ein Kilo der anderen Kaffee-Surrogate: Malzkaffee 2,40 Kronen, Feigenkaffee 10,80 Kronen, Eichelkaffee 3,40 Kronen.Erwin Franke schreibt in seinem umfangreichen Werk zu Kaffee und Kaffeesurrogaten aus dem Jahr 1920, dass Lupinen vor dem Rösten entbittert werden müssten. In seinem Werk ist auch der Hinweis zu finden, dass Lupinen in Tirol als Bauernkaffee bezeichnet werden.

(Letzte Aktualisierung: 07.06.2007)