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Der Anbau
Der Kaffee wurde an den meisten Orten so früh wie möglich angebaut. Theresia Wert erzählt, dass ihr Vater den Kaffee-Acker bereits Mitte bis Ende Februar umpflügte. Sie erzählt, dass sie “Untrn Kofl“ einige Äcker gehabt hätten, einer davon war der Kaffee-Acker: “Die letzten (Tage) im Februar, weiß ich halt, hat der Großvater die Penn hat man früher gesagt, das war der Korb Mist, und drauf hat er einen Pflug getan, (…) und dann hat er gesagt ‚jetzt gehen wir Untrn Kofl, das Kaffeeackerle anbauen‘. Dann hat er den Mist angebreitet und umgebaut.“ Manchmal seien beim Pflügen einige Erdklumpen noch gefroren gewesen. Nach dem Pflügen habe er gesagt. “Jetzt, wann ihr wollt, könnt ihr Setzen gehen.“ Anfang bis Mitte März sei der Kaffee dann gesetzt worden. Die Lupine ist – im Gegensatz zur verwandten Gartenbohne – nicht frostempfindlich. Im Gegenteil: Wenn sie früh angebaut wird, beschleunigt die noch vorhandene Bodenfeuchtigkeit des Winters die Keimung und die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflanzen im Herbst gut abreifen können, steigt. Auf die Frage, wie man den Kaffee angebaut hat, meinte Cäcilia Lochmann: “Man steckt drei Körner runter, das ist nicht so genau“. Oswald Varesco erzählt, dass bei ihnen der Kaffee um den Kartoffelacker gesetzt wurde und erst im April – gemeinsam mit den Kartoffeln angebaut wurde.
Pflegearbeiten
Die Kultur des Altreier Kaffees war nicht sehr pflegeintensiv, abgesehen von der Ernte, die mehrmals erfolgen musste. Niemand, der den Kaffee früher angebaut hatte, erzählt, dass der Kaffee gewässert werden musste. Auf den meisten Äckern hätte es erstens dazu gar keine Möglichkeit gegeben, zweitens hätte der Kaffee eine Bewässerung nicht benötigt. Heute sei das aber anders, meint Theresia Werth, denn in den letzten Jahren fehle dem Boden die Winterfeuchtigkeit, da es auch im Winter nur sehr wenig Schnee und Niederschläge gäbe. Zudem seien die Sommer der letzten Jahre viel heißer gewesen, als sie es früher waren. Was die Düngung des Altreier Kaffees anbelangt, wurde meist betont, dass der Kaffee gleich wie alle Äcker mit dem Mist des Viehs versorgt wurde. Der Mist wurde einfach am ganzen Acker ausgebreitet. Theresia Werth erinnert sich, dass die Kaffeepflanzen “geschabigt“ wurden. Die Lupine Altreier Kaffee bildet ja nach und nach kräftige Seitentriebe aus, die dann erst später zur Blüte und zum Fruchtansatz gelangen. Da diese in der Regel ohnehin nicht zur Abreife gelangen, wurden sie händisch ausgezwickt, um die Kraft der Pflanze in die bereits angesetzten Samen zu lenken. Die meisten der interviewten Personen erzählen, dass bei ihnen der Kaffee nicht geschabigt wurde.
Ernte und Nachreife
Der Altreier Kaffee ist eine recht ursprüngliche Kulturpflanze, die noch viele Eigenschaften einer Wildpflanze aufweist. Dazu zählt, dass die Samen nicht gleichzeitig, sondern nach und nach reifen. Auch sind die Hülsen nicht platzfest: Sobald die Samen reif sind, springen sie auf und verstreuen die Samen. Der Altreier Kaffee musste daher zwei bis viermal beerntet werden. “Geerntet hat man ihn in den Schoten, dann hat man ihn in eine Tschei (Anmerkung: einen Korb) gegeben und in die Sonne gestellt zum Trocknen“, erzählt Cäcilia Lochmann. In den niedrige Lagen waren die ersten Schoten des Kaffees meist ab Ende August/Anfang September erntereif. Auf den höher gelegenen Äckern zog sich die Ernte bis in den Oktober. In den höheren Lagen ist der Kaffee oft nicht mehr ausgereift. Dann zog man die Stauden im Herbst aus der Erde und lehnte sie an eine Steinmauer oder Stadlwand, wo die wärmabstrahlenden Steine die Abreife der letzten Samen beschleunigten. Mancherorts wurden die Kaffee-Pflanzen auch verkehrt am Dachboden aufgehängt, damit die Samen abreifen konnten.
Lagerung
Einem sehr interessanten Aspekt zur Lagerung der ungerösteten Samen des Altreier Kaffees kamen wir durch einen lustigen Zufall auf die Spur: Bei einer Exkursion im Juni 2005 besuchten 20 Altreierinnen und Altreier die Kaffee-Rösterei Hagen in Heilbronn. Herr Hagen führte die erste Proberöstung des Altreier Kaffees durch. Da wir noch keine frische Ernte zur Verfügung hatten, hatte die Gruppe ein Kilo eines alten Samens, der bereits seit 40 Jahren auf einem Dachboden in Altrei gelegen hatte, mitgebracht. Bei der Entnahme der Samen aus dem Papiersack sahen wir, dass ein alter, handgeschmiedeter Nagel unter den Samen war. Herr Hagen freute sich über das Mitbringsel aus Altrei. Wir vermuteten, dass der Nagel wohl während der langen Lagerzeit auf dem Dachboden in den Sack gelangt wäre. Mitnichten, wie Theresia Werth später erklärt: “Das war Absicht, weil früher haben sie in die Bohnensäckchen, in die Mehlsacklen, überall einen Nagel reingetan, damit das Mehl nicht voller Würmer und Maden (…) ist, bei den Bohnen, bei den Erbsen und beim Kaffee genauso.“ Diese kleine Geschichte zeigt, wie schnell lokales Wissen völlig in Vergessenheit geraten kann, obschon es auch heute nicht nur reinen Dokumentationswert hat, sondern durchaus neue Möglichkeiten der Anwendung von lokalem Expert/innenwissen entstehen können.
Das Rösten
Die einzelnen Zutaten wurden getrennt geröstet, da Gerste, Weizen und der Altreier Kaffee unterschiedlich lange brauchen, bis sie gut geröstet sind. Mancherorts wurde der Kaffee auch mit Feigen oder Zuckerrüben gemischt. Man röstete ihn entweder in einer Pfanne am Herd oder in einem “Reindl“ im Backrohr. Theresia Werth erinnert sich, dass ihre Großmutter auch für andere Frauen Kaffee geröstet hat. Die Großeltern betrieben neben der Landwirtschaft eine kleine Bäckerei. Die Großmutter nutzte zum Rösten die Restwärme des Ofens nach dem Backen des Brotes. Der Großvater habe dies aber nicht so gerne gesehen. Theresia erinnert sich an seine Worte: “Das Brot nimmt mir ja den Kaffeegeruch an und dann wollen es die Leute nicht mehr.“ In den Gesprächen wurde auch darauf hingewiesen, dass man darauf achten musste, den Kaffee vorsichtig und gleichmäßig zu rösten. So erzählt etwa Cäcilia Lochmann: “Man hat ihn in ein Reindl gegeben und ins Rearl, bis er braun gewesen ist, geröstet und danach gemahlen; inwendig muss er auch kaffeebraun sein, aber er darf nicht verbrennen.“
Das Mahlen
Nach dem Rösten wurden die einzelnen Zutaten in der Kaffeemühle gemahlen. Erst nach dem Mahlen wurden die Zutaten gemischt. Gemahlen wurde meist in den handbetriebenen kleinen Kaffeemühlen. Bei den größeren Bauern gab es auch größere Mühlen, mit denen der Kaffee rascher und einfacher gemahlen werden konnte. Cäcilia Lochmann erzählt. “Man hat ihn mit der Mühle runter gemahlen, mit der man das Futter gemahlen hat.“
(Letzte Aktualisierung: 07.06.2007)