Chronologie 1918 – 1945

1915-1918
Als 1915 Italien gegen Österreich in den Krieg eintrat, war Tirol ohne militärischen Schutz, da die ordentlichen Truppen bereits an der russischen und serbischen Front kämpften. Kaum 20.000 Mann militärischer und paramilitärischer Einheiten standen im Land. So formierte sich nochmals aus den unter 21- und über 43-Jährigen – die dazwischen liegenden Jahrgänge waren bereits einberufen – der Landsturm, wie 1703, 1809, 1848, 1859 und 1866. Dieser sicherte die Grenze Tirols so lange, bis von den übrigen Fronten ordentliche Truppen herangezogen waren. Trotz erfolgreicher Verteidigung der Grenzen Tirols gegen Italien scheiterten die Versuche Österreichs, nach dem Untergang der Donaumonarchie das Land Tirol vor der Zweiteilung zu bewahren.
10.9.1919
Mit dem Friedensvertrag von Saint Germain wird Tirol südlich des Brenners zu Italien geschlagen. England und Frankreich haben bereits im Londoner Vertrag von 1915 Italien für dessen Kriegseintritt an der Seite der westlichen Alliierten die Brennergrenze zugesichert. Italien erhält im Friedensvertrag keinerlei Auflage für den Schutz der deutschen und slowenischen Minderheiten.
24.4.1921
„Blutsonntag“ in Bozen: Der Marlinger Lehrer Franz Innerhofer wird von einem Faschisten erschossen.
28.10.1922
Am 28. Oktober 1922 treten die Faschisten den Marsch auf Rom an. Am nächsten Tag übergibt der schwache König Viktor Emanuel II dem Führer (Duce) der faschistischen Partei, Benito Mussolini, die Regierung und damit die Macht im Staate. Die Faschisten haben sich die Vernichtung der deutschen Minderheit auf ihre Fahne geschrieben. Man kann ihr Programm in diesem Zusammenhang in drei Abschnitte unterteilen: Entnationalisierung der Südtiroler, Massenansiedlung von Italienern und Aussiedlung der Südtiroler. Mit Dekret des faschistischen Präfekten wird jeder Unterricht in der deutschen Sprache verboten und unter Strafe gestellt. Lehrpersonen, die beim Deutschunterricht ertappt werden, wandern in die Gefängnisse und werden auf die Strafinseln oder in abgelegene Orte Süditaliens verbannt. Alle deutschen Lehrpersonen werden des Dienstes enthoben oder in die altitalienischen Provinzen versetzt. Ebenso werden alle deutschen Beamten entlassen und keine neuen mehr eingestellt. Kanonikus Michael Gamper schafft mit Hilfe von mutigen Lehrkräften ein über das ganze Land verbreitetes Netz von deutschen Geheimschulen (Katakombenschulen). Der Klerus erzwingt den Religionsunterricht in der Muttersprache. Italienisch ist bereits seit 1925 zur alleinigen Amtssprache dekretiert worden. Schon 1923 hat man italienische Ortsnamen eingeführt und den Namen Tirol verboten.
20.2.1935
Trotz aller Verbote und Gebote kann mit dieser Methode Südtirol nicht zu einem italienischen Land gemacht werden. Der Faschismus leitet also die zweite Phase ein. Am 20. Februar 1935 erteilt Mussolini der Großindustrie in Mailand und in Piemont den Auftrag, Niederlassungen in Bozen zu errichten. Die Baugründe, etwa drei Millionen Quadratmeter am Südrand der Stadt, werden enteignet und im Spätsommer 1935 besetzt. 50.000 Obstbäume und Tausende von Edelreben werden unmittelbar vor der Ernte vernichtet. Anfang 1937 nehmen die Zweigbetriebe der Lancia-Werke von Turin, die Stahlwerke von Mailand, das Aluminiumwerk der Montecatini und das Magnesiumwerk ihre Produktion auf. Gleichzeitig mit dem Aufbau der Industriezone werden Tausende von italienischen Familien nach Bozen geschleust. Südtiroler dürfen in den Werken nicht beschäftigt werden.
7.5.1938
Deutsche Truppen rücken in Österreich ein. Das Dritte Reich Adolf Hitlers steht am Brenner. Hitler hat aus seiner feindseligen Einstellung gegen die Südtiroler nie ein Hehl gemacht. Der Diktator wollte den italienischen Amtskollegen Benito Mussolini unbedingt für seine Kriegsabsichten zum Bundesgenossen gewinnen. In diesem Bemühen stellte Südtirol einen nicht geringen Störfaktor dar. Anlässlich seines Staatsbesuches in Rom erklärt Hitler in seinem Trinkspruch am 7. Mai 1938: „Es ist mein unerschütterlicher Wille und mein Vermächtnis an das deutsche Volk, dass es die von der Natur uns beiden aufgerichtete Alpengrenze immer als eine unantastbare ansieht.“
22.6.1939
In Berlin wird das Deutsch-Italienische Abkommen zur Umsiedlung der Südtiroler geschlossen. Sie können bis zum 31. Dezember 1939 für die deutsche Staatsbürgerschaft optieren mit der Verpflichtung der Auswanderung oder für die Beibehaltung der italienischen mit der Drohung, dass sie keinen Schutz für ihr Volkstum mehr in Anspruch nehmen könnten. Der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, den Hitler mit der Durchführung der Option beauftragt hat, will reinen Tisch machen. Das Land soll von seinen deutschen Bewohnern restlos geräumt werden.
1.1.1940
Am 31. Dezember 1939 ist die Optionsfrist abgelaufen. Verlässlichen privaten Quellen zufolge haben sich von den 246.036 Optionsberechtigten des heutigen Landes S&uumdtirol mit dem Unterland 211.799 für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden und 34.237 für die Beibehaltung der italienischen. Die Option hat im Volk eine tiefe Kluft gerissen. Die Minderheit der Nichtoptanten, der Dableiber, war schweren Anfeindungen und Übergriffen von Seiten der Optantenmehrheit ausgesetzt. Von den Optanten für Deutschland sind 75.000 abgewandert.
8.9.1943
Italien schließt mit den Alliierten Waffenstillstand. Deutsche Truppen besetzen den größten Teil des Landes bis Neapel. Der Tiroler Gauleiter Franz Hofer wird zum Obersten Kommissar der so genannten „Operationszone Alpenvorland“ ernannt, die aus den drei Provinzen Bozen, Trient und Belluno gebildet worden ist. Der Kommissar stellt in Südtirol vier Polizeiregimenter auf, zu denen auch Nichtoptanten eingezogen werden. Auf die Verweigerung des Einberufungsbefehls steht die Todesstrafe. Für die Familien der Kriegsdienstverweigerer führt Hofer die Sippenhaft ein. Sie werden verhaftet und ins berüchtigte Arbeits- und Durchgangslager in der Kaiserau bei Bozen eingeliefert. Trotz aller Strafandrohungen entziehen sich 276 Südtiroler der Einberufung; sie wollen nicht für Hitler kämpfen, der ihre Heimat verraten hat. Wegen Widerstandes gegen das Naziregime werden vom 8. September 1943 bis Kriegsende 24 Südtiroler erschossen, 166 in Konzentrationslager verschickt und 140 ins Gefängnis gebracht. Auf den Schauplätzen des von Hitler in seinem verbrecherischen Wahnsinn vom Zaune gebrochenen Krieges mussten 8025 Südtiroler ihr Leben lassen.
Mai 1945
Die Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte in Italien unterzeichnen ohne Wissen des deutschen Hauptquartiers mit den Alliierten einen Waffenstillstand zum 30. April. In den ersten Maitagen rücken die Alliierten in Südtirol ein.