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20 Jahre Gewässerbetreuung Untere Ahr
An der Unteren Ahr wird durch Aufweitungen und Geländeanpassungen dem Fluss wieder Raum gegeben, damit werden Hochwasserschutz und Naturschutz verbessert. Dazu gibt's jetzt eine neue Broschüre.
Beim Hochwasser Ende August erreichte die Ahr im Tauferer Tal Abflusswerte im Ausmaß der Hochwasser-Ereignisse vom August 1987 und September 2009, die einem Hochwasserereignis mit einer statistischen Wiederkehrzeit von 30 Jahren entsprechen. "Diesmal gab es keine Hochwasser-Schäden in Siedlungsbereichen oder an Infrastrukturen, die Wassermengen haben stattdessen die revitalisierten Auen bei Mühlen, Gais und Stegen überflutet und damit sogar Gutes bewirkt", unterstreicht der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Rudolf Pollinger. Die Erklärung dafür kann in den vielen umgesetzten Maßnahmen aus dem Gewässerbetreuungskonzept Untere Ahr gefunden werden, für das der Gewässerbiologe der Agentur für Bevölkerungsschutz Peter Hecher als Projektkoordinator verantwortlich zeichnet.
Mehr Raum für den Fluss
Mit dem Gewässerbetreuungskonzept Untere Ahr hat die Agentur für Bevölkerungsschutz im Jahr 2000 das von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebene Flussraummanagement an der Unteren Ahr zwischen Mühlen in Taufers und Bruneck erstmals in Südtirol als Pilotprojekt angewandt. "Wesentliches Ziel dabei war und ist es nach wie vor, Hochwasserschutz und Naturschutz gemeinsam zu verbessern", betont Sandro Gius, Amtsdirektor der Wildbachverbauung Zone Ost. Die Bestandserhebung von 1999 hatte ergeben, dass die vorliegende Überflutungssituation verkehrt war: Die Auen trockneten aus, während Siedlungsgebiete überflutet wurden. Seit dem Jahr 2000 arbeiten Land, Gemeinden und Verbände der Landwirtschaft und des Naturschutzes gemeinsam an der Verbesserung dieser Situation. Und dies mit Erfolg: Bisher wurden 16 größere Revitalisierungsmaßnahmen umgesetzt, von denen sowohl Menschen als auch Tiere und Pflanzen profitieren. Dies bestätigen laut Projektkoordinator Hecher auch Studien: Besonders hervorzuheben sind die Arbeiten in den Fluss-Auen, auf den Flächen des Landes (öffentliches Wassergut) und in Gais und Stegen. Mehrere Aufweitungen des Flussbettes und Geländeanpassungen an der Unteren Ahr gaben dem Fluss wieder Raum für natürliche Dynamik und Entwicklung. Um die Auswirkungen der Revitalisierungen zu überprüfen, wurden vor zwei Jahren erneut Bestandsaufnahmen zum Hochwasserrisiko und zum Zustand von Zeigerarten aus Flora und Fauna in Auftrag gegeben.
Natürlicher Hochwasserrückhalt durch Aufweitungen
In einer hydraulischen Studie wurden die Überflutungsflächen für die Jahre 2000 und 2018 entlang der Unteren Ahr nach dem neuesten Stand der Technik modelliert. Unterschiede lassen sich bei gleichen Abflusswerten auf Änderungen der Geländemorphologie vor allem durch Aufweitungen zurückführen: Der natürliche Hochwasserrückhalt war im Jahr 2018 deutlich größer als im Jahr 2000, bei einem Hochwasserereignis mit einer statistischen Wiederkehrzeit von 30 Jahren um 17 Prozent, bei einem 100-jährigem Ereignis sogar um 20 Prozent größer. Ausmaß und Intensität von Überflutungen in Siedlungsgebieten waren 2018 geringer als 2000, auch bei einem Jahrhunderthochwasser.
"Sowohl die hydraulische Studie als auch das Hochwasserereignis vom August bestätigen, auf einem guten Weg zu sein, durch Revitalisierung der Auen das Überflutungsrisiko für Siedlungsbereiche zu reduzieren", fasst Gewässerbiologe Hecher zusammen. Für St. Georgen sind zukünftig weitere Verbesserungen in Bezug auf das Überflutungsrisiko zu erwarten, denn seit zwei Jahren wird das Gelände in der flussaufwärts liegenden, rund 15 Hektar großen Gatzaue großflächig abgesenkt. Es wird daran gearbeitet, die morphologischen Grundvoraussetzungen für langfristig vitale Auen wiederherzustellen, die Raum einzigartiger Artenvielfalt und natürliche Hochwasserrückhalträume sind.
Neue Broschüre in der Agentur für Bevölkerungsschutz erhältlich
Weitere Hintergründe und zusätzliche Infos zum Projekt können in der Broschüre "20 Jahre Gewässerbetreuung Untere Ahr. Eine Erfolgsgeschichte" nachgelesen werden. Diese ist kostenlos bei der Agentur für Bevölkerungsschutz in der Drususallee 116 sowie am Sitz der Wildbachverbauung in der Cesare-Battisti-Straße 23 in Bozen erhältlich und steht auch als Download zur Verfügung.
LPA/mac