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Die Ortschaft Altrei

.Altrei ist ein auf 1200 Meter Höhe gelegenes Bergdorf an der Grenze der Provinzen Südtirol und Trentino. Altrei liegt somit an der italienisch-deutschen Sprachgrenze. Aufgrund seiner geografischen Lage ragt das Gemeindegebiet von Altrei wie eine Zunge in die Provinz Trient, die nächst gelegene Gemeinde Capriana gehört bereits zur Provinz Trient. Die Gemeinde hat rund 380 Einwohner. Altrei ist trotz seiner Höhe klimatisch begünstigt, da es auf einer südexponierten Terrasse angelegt ist. Altrei ist vom Naturpark Trudner Horn umgeben, die Landschaft um das Dorfzentrum ist geprägt von Wiesen, in die immer wieder kleine Gemüse- und Kartoffeläcker eingebettet sind. Da das Verwitterungsgestein zum Großteil Porphyr ist, sind die Böden in Altrei schwach sauer. Die Kombination von sauren sandigen Böden sind für die Lupine Altreier Kaffee optimale Anbauvoraussetzungen. Dies ist wohl der wichtigste Grund, warum die Lupine in Altrei so besonders gut gedieh und gedeiht und die Ortschaft Altrei zur Namenspatronin dieser Lupinen-Art wurde.

.Erinnerungen an den Altreier Kaffee

Im Rahmen des Projektes wurden mit vielen Menschen in Altrei Gespräche über den historischen Anbau und die historische Nutzung des Altreier Kaffees geführt. Der “Altreier Kaffee“ ist ein Element der kollektiven Erinnerung der Ortschaft. Wenngleich viele Menschen in Altrei den Kaffee insofern nicht in guter Erinnerung haben, da er sie an Zeiten erinnert, in denen das Leben in Altrei viel karger und entbehrlicher war als gegenwärtig, gibt es doch einige Menschen, die den Kaffee immer wieder angebaut haben, “damit er nicht verloren geht“. Auch wenn dem Altreier Kaffee bis zum Beginn des Projektes keine allzu große Bedeutung beigemessen wurde, war es doch vielen Menschen bewusst, dass “ihr“ Kaffee eng mit der Geschichte des Ortes verknüpft ist. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse dieser, im Rahmen des Projektes Ne- ProValter durchgeführten Recherchen vorgestellt. Da der Umfang der Broschüre zu begrenzt ist, und eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse nicht zulässt, ist eine umfangreiche Publikation, die ausschließlich diese Dokumentation behandelt, geplant.

.Methode

Der Altreier Kaffee ist Teil des kollektiven Gedächtnisses der Menschen in Altrei, viele Menschen haben den Kaffee früher selber angebaut und/oder getrunken, andere erinnern sich, dass ihre Mütter, Großmütter oder Tanten den Kaffee angebaut haben. Um dieses Wissen und die Erinnerung an die lokale Kulturgeschichte des Altreier Kaffees zu dokumentieren, wurden mittels Methoden der Qualitativen Sozialforschung 11 Gespräche mit Menschen aus Altrei geführt, die auf Tonband dokumentiert wurden. Bei einigen Gesprächen waren 2 oder mehr Personen anwesend, so dass in Summe 15 Personen an diesen Gesprächen teilgenommen haben. Die Gespräche wurden in Form eines Leitfadeninterviews geführt. Zusätzlich zu diesen Gesprächen wurden mit einigen Personen Telefon-Interviews zum Thema geführt. An der Vorstellung des Projektes im November 2005 in Altrei nahmen über 70 Menschen aus Altrei teil. Auch bei diesem Treffen sowie bei den Treffen der Arbeitsgruppe zum Anbau des Altreier Kaffees wurde vom überlieferten Anbau erzählt.

Die Gesprächspartnerinnen und -partner

Alle Menschen, mit denen ausführliche Interviews gemacht wurden, sind in Altrei geboren, eine Frau lebt seit ihrer Hochzeit im Nachbardorf Capriana. Alle anderen leben auch heute in Altrei. Zwei Personen leben in der Fraktion Guggal, eine Person in der Fraktion Eben, alle anderen im Dorf Altrei selbst. Die beiden ältesten Interviewpartnerinnen sind im Jahr 1911 geboren, vier Personen sind in den 1920er Jahren, drei Personen in den 30er Jahren, alle weiteren in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts. Es wurden 11 Frauen und vier Männer interviewt.

.Die Kaffee-Äcker

Die Kaffee-Äcker wurden auf dreierlei Art angelegt: Meistens wurden die Lupinen in zwei bis drei Zeilen unterhalb der Getreideäcker angebaut, weiters war der Anbau rund um einen Acker – oft der Kartoffelacker – verbreitet. In Familien, in denen viel Kaffee benötigt wurde, wurde auch ein eigener Kaffee-Acker angelegt. Viele der heutigen Wiesen waren früher Äcker, auf denen in erster Linie Getreide angebaut wurde. An einigen Stellen sind diese auch an den noch vorhandenen – und zum Teil wieder hergestellten – Steinmauern zu erkennen. Viele der ehemaligen Äcker sind mittlerweile verwaldet. Die Äcker reichten von einer Seehöhe von zirka 950 Meter (“Malruf“), weit unterhalb des Dorfzentrums, bis zirka 1300 Meter (“Pichl“). Da in der Gemeinde Realteilung vorherrscht, haben die meisten Höfe kleine Parzellen, die verstreut im Gemeindegebiet liegen. Auch wenn dies heute meist als Erschwernis der Bewirtschaftung angesehen wird, hat diese Form der Grundstücksvererbung den Vorteil, dass man verschiedene Lagen für den Anbau zur Verfügung hat. So erzählten zum Beispiel Theresia Werth und Cäcilia Lochmann, dass sie den Kaffee “Untrn Kofl“ angebaut hätten. Diese Äcker liegen zirka 200 Meter unterhalb des Dorfzentrums, der Kaffee reift hier besser und sicherer ab und man nahm die Mühe auf sich, weitere Wege zur Ernte des Kaffees zurücklegen zu müssen. Auf die günstigen Anbaubedingungen für die Lupine auf den sauren Sandböden Altreis wurde bereits hingewiesen. Ein weiterer Aspekt ist sehr interessant und hat sicher auch dazu beigetragen, dass der Kaffee in Altrei gut gediehen ist: Beim heurigen Anbau hat sich gezeigt, dass der Kaffee auch auf Flächen, die frisch umgebrochen wurden und auf denen nachweislich seit Jahrzehnten kein Kaffee angebaut wurde, gut gediehen ist. An den Wurzeln war deutlich eine Knöllchenbildung zu sehen, was ein Indiz dafür ist, dass die knöllchenbildenden Bakterien in den sauren Böden Altreis bereits vorhanden sein müssen. Dies ist insofern interessant, als an anderen Orten das Lupinen-Saatgut kurz vor der Aussaat mit diesen Bakterien geimpft werden muss, damit sich die Pflanzen gut entwickeln können, da die Lupinen auf die Symbiose mit den Luftstickstoff fixierenden Bakterien angewiesen sind. Auch dies mag ein Grund sein, warum immer wieder erzählt wird, dass der Kaffee an anderen Orten nur kümmerlich gewachsen ist und keine Hülsen angesetzt hat.

(Letzte Aktualisierung: 07.06.2007)