Die USA und Südtirol
Wenn man im Prager Hauptbahnhof ankommt, stößt man in der Eingangshalle gleich auf eine große Statue des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, der für seinen Beitrag zur Unabhängigkeit der Tschechoslowakei nach dem Ersten Weltkrieg von den Tschechen immer noch als „Befreier“ gefeiert wird.
In Innsbruck oder Bozen gibt es keine solchen Würdigungen für Wilson. Dort wird er verteufelt als der Staatsmann, der die Trennung Tirols im Jahre 1919 zu verantworten hat. Die folgenden Ausführungen versuchen, kurz die Rahmenbedingungen amerikanischer Nachkriegs-Geopolitik in den Jahren 1919 und 1946 darzustellen, die für den Zuschlag Südtirols im Jahre 1919 an Italien und die Beibehaltung der Brennergrenze 1946 verantwortlich waren. Für Europäer ist der komplexe Prozess der Entstehung amerikanischer Außenpolitik in Washington meist schwer zu verstehen. In ihrer vielseitigen Unkenntnis des Labyrinths amerikanischer Entscheidungsfindungen, machen es sich viele einfach und argumentierten mittels Sündenböcken. Der amerikanische Normalbürger weiß aber auch nicht viel mehr über außenpolitischen Problemstellungen und ist vielleicht noch ignoranter als der europäische Durchschnittsbürger, da er weniger reist, kaum Fremdsprachen spricht, und sich für Außenpolitik nur am Rande interessiert (nur ca. 20 Prozent der Amerikaner beteiligen sich an außenpolitischen Debatten).
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Günter Bischof