Grundbuch
Geschichte des Grundbuchs
In Italien bestehen derzeit zwei Systeme der Kundmachung von Rechten an Liegenschaften: einmal das System der Eintragungen in den alten Provinzen, das auf die französische Gesetzgebung zurückgeht; und dann das Grundbuch, das in den nach dem ersten Weltkrieg an Italien angegliederten Provinzen von Trient, Bozen, Triest, Görz sowie in einigen Gemeinden der Provinzen Udine, Brescia, Belluno und Vicenza in Kraft ist.
Das Grundbuch, als System der Kundmachung von Rechten an Liegenschaften, stammt aus der österreichisch-ungarischen Gesetzgebung und ist von der italienischen Rechtsordnung in den obengenannten Provinzen übernommen worden.
Das österreichische Grundbuchssystem hat sich nach allgemeiner Meinung ab dem 12. Jahrhundert bzw. seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus dem Institut der "Landtafeln", das in einigen Gebieten der Habsburger Monarchie - nämlich in Böhmen, Mähren und Oberschlesien - bestanden hat, entwickelt. Dort hatte sich nach und nach der Grundsatz durchgesetzt, dass Rechte an Liegenschaften nur nach erfolgter Kundmachung und zwar durch Eintragung in bestimmte Verzeichnisse (Tabulae, Tafeln) erworben werden.
Die Eintragung in das Verzeichnis hatte demnach nicht nur bloße Beweiskraft, sondern auch substantielle, rechtsbegründende Wirkung: der Inhalt des Verzeichnisses konnte nicht bestritten werden und die mangelnde Kenntnis der Eintragungen des Verzeichnisses war irrelevant.
Die spätere Entwicklung des Systems der "Landtafeln“ erfolgte mit den Landverordnungen von Ferdinand II. 1627 in Böhmen und 1628 in Mähren und hauptsächlich mit dem kaiserlichen Patent vom 22.4.1794, mit dem das Hauptbuch eingeführt wurde: Die Einführung des aus einzelnen Blättern oder Bögen für jede Liegenschaft bestehenden Systems bedeutete den Übergang von einem personenbezogenem zu einem dinglichen System.
Ein weiterer wesentlicher Schritt erfolgte dann mit der strategischen Entscheidung des österreichisch-ungarischen Gesetzgebers im Jahre 1811 das Grundbuch auf das gesamte Gebiet der Monarchie auszudehnen. Dies bedeutete die schrittweise Beseitigung der verschiedenen anderen, vormals geltenden Kundmachungssysteme an Liegenschaften, wie zum Beispiel bei uns das System der Verfachbücher. Das Gesetz vom 25.7.1871, Nr. 95 R.G.Bl., hat dann die Struktur und Führung des Grundbuchs geregelt und das Gesetz vom 25.7.1871, Nr. 96 R.G.Bl. die Rahmenbedingungen für die Anlegung der Grundbücher, an das sich die jeweiligen Landesgesetze zu halten hatten.
In der gefürsteten Grafschaft Tirol, zu der damals unser heutiges Gebiet gehörte, wurde das entsprechende Grundbuchsanlegungsgesetz mit dem Gesetz vom 17. März 1897, Nr. 9 L.G.Bl. erlassen. Damals waren, außer dem Gebiet des heutigen Südtirols, auch die Enklaven der Gemeinde Pedemonte in der Provinz Vicenza und der Gemeinde Valvestino in der Provinz Brescia, Teil der Grafschaft Tirol. Dort gilt nach wie vor das Grundbuchssystem, das von der Autonomen Provinz Trient verwaltet wird.
Der italienische Gesetzgeber hat es für angebracht gehalten (mit K.D. 4. November 1928, Nr. 2325) das aus der österreichischen Rechtsordnung herrührende System des Grundbuches beizubehalten. Dies erfolgte mit K.D. vom 28.3.1929, Nr. 499, mit dem die wesentlichen Grundsätze des Grundbuchssystems, wie sie im Österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten waren, in die italienische Rechtsordnung übernommen wurden. Die Bestimmungen des Grundbuchsrechtes wurden mit jenen der italienischen Rechtsordnung koordiniert.
Das Grundbuchsgesetz ist also ein Sondergesetz, das vormals in den nach dem ersten Weltkrieg an Italien angegliederten Territorien der ehemaligen österreichisch-ungarische Monarchie gegolten hat. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches und der anderen Gesetze, die mit dem Grundbuchsgesetz unvereinbar sind, finden in unseren Gebieten keine Anwendung.